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Dachdeckerkunst

Kaum ein Winkel der Insel bleibt uns bei unseren Radtouren verborgen. Die erste Tour führt uns nach Osten an das andere Ende der Insel. Über den Plantagevej fahren wir abseits der Hauptstraße gemütlich Richtung Österby. Mischwald und Heidelandschaft mit Moos durchsetzt bilden eine abwechslungsreiche Kulisse. Wir machen den einen oder anderen Schlenker, um uns besonders schöne Stellen anzusehen oder einfach mal eine Pause einzulegen. So stolpern wir auch in den Klitplantagen über den Laesö-Stein, der die Stelle markiert, wo einst diese Insel aus dem Meer entsprang. Während die alte Österbyer Kirche schon vor vielen Jahren von Sandverwehungen verschlungen wurde, präsentiert sich die neue kleine wunderhübsche Kirche in voller Blüte. Botanikfreunde kommen im Rhododendronpark voll auf ihre Kosten. Auf dem ganzen Weg sehen wir kaum Häuser und noch weniger Menschen, genießen also die Natur pur.

 

Und dann erreichen wir unser eigentliches Tagesziel, das Hedvigs Hus. Das einst mit Seegras eingedeckte Haus ist ein wahres Wunderwerk. Mit der weit herunterhängenden üppigen Dachwulst wirkt es fast irreal - wie im Märchen. Jetzt müssten nur noch die Schlümpfe heraustreten. Das Hedvigs Hus steht längst unter Denkmalschutz und dient heute als Museum. Von dieser einzigartigen Baukunst, die es weltweit nur auf Laesö gibt, kann man sich vornehmlich im Osten der Insel überzeugen. Dort gibt es noch ein paar weitere mehr oder weniger gut erhaltene Exemplare. Um deren Erhaltung bemühen sich einheimische Organisationen zusammen mit der Realdania Stiftung. Leider wurden auch viele Hausdächer längst mit zeitgemäßem Baumaterial versehen um Regen und Sturm zu trotzen.

 

Die Armut der Insulaner brachte es damals mit sich, ihre Häuser mit Rohstoffen einzudecken, die die Natur hergab. Und Seegras wird das ganze Jahr über an vielen Stränden angeschwemmt. Heute wird das lästige Unrat aufwändig vom Strand abgefahren, um den Badespaß nicht zu trüben. Doch damals, im 17. Jahrhundert, hatten die Insulaner den Wert dieses Rohstoffes bereits erkannt und beherrschten schon bald diese Dachdeck-Technik. Dabei wurde das Seegras in mehreren Schichten an die untersten vier Lattenreihen des Daches festgebunden. Der Rest des Daches wurde dann meterdick mit kräftigem langen Seegras lose eingedeckt. Auf den Dachfirst wurden abschließend große Grassoden gelegt. Häufig auftretendes Sandtreiben verdichtete dann das Seegras und verfestigte somit das ganze Konstrukt. Die Technik wurde über viele Jahre immer weiter verfeinert, bis 1930 das Seegras im Kattegat von einer Pilzkrankheit befallen wurde. Danach wurde es fast unmöglich, Reparaturen und Neueindeckungen dieser Art vorzunehmen.

 

Diese einzigartige Dachdeckerkunst weckte mein Interesse in sofern ganz besonders, da ich als junger Mann einem Reetdachdecker bei einigen Bauten zur Hand gegangen bin. Ein norwegisches Paar, das viele Jahre Laesö mit dem Segelboot besuchte, ist in einem solchen Haus „aus Liebe“ endgültig heimisch geworden. Sie kauften sich ein altes „Seegrashaus“ und bauten es nach ihren Bedürfnissen unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes um. Heute kommen viele Besucher zu ihnen, um Kunst, Cafe und Museum auf sich wirken zu lassen. Das Segeln hat das Paar aufgegeben.

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