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100 Tage                

 

 Schweden

 

 

Kontraste

Auf Höhe des Leuchtturms Kalkgrund beginnt das Wasser sich leicht zu kräuseln. Wind kommt auf. Zunächst nur ganz spärlich. Doch dann zunehmend, aus Nordwest. Genau richtig für unseren Segeltörn zu den schwedischen Ostschären und den Ålands, weit oben in der Ostsee. Der Motor verstummt. Die Segel knattern noch kurz im Wind, als sie beim Setzen hin und her schlagen. Und dann tritt Ruhe ein. Nur das Wasser an der Bordwand, das mit dem Bug durchschnitten wurde, erzeugt ein leises angenehmes Fahrgeräusch. Es ist Musik in meinen Ohren.

Durch die Verwirbelung am Heck hinterlassen wir auf der Wasseroberfläche eine weit sichtbare Spur. Das Kielwasser. Auf der Haut spüre ich ein leichtes Prickeln und in den Haaren den Wind. Auch rieche ich das Meer. Eine Mischung aus Salz, Tang und noch etwas Undefinierbarem. Ich bilde mir ein, es sogar zu schmecken, als ich mit der Zungenspitze meine Lippen befeuchte. Es ist nicht unangenehm. Vollbeschäftigung für meine Sinne! Als einzigen Fremdkörper nehmen meine Antennen aus weiter Ferne ein kaum wahrnehmbares, monotones Motorengeräusch auf.

So gelangt selbst bei leichter Brise Seemeile für Seemeile in unser Kielwasser. Ich habe Zeit. Keine Termine. Keine Verpflichtungen. Dafür jede Menge Freiheit. Welch ein Luxus!

Was habe ich eigentlich heute vor einem Jahr gemacht, geht es mir plötzlich durch den Kopf. Es ist Mitte Mai. Wichtige Projektarbeiten standen damals ganz oben auf dem Plan. War tief in meine Arbeit versunken, garniert mit vielen Telefonaten, Terminen, Besprechungen und, und, und... Doch diese Zeit - ständig unter Volldampf - liegt nun hinter mir. Endgültig. Bin froh, den Umbruch so aktiv - aber doch ganz anders - gestalten zu können. Möchte auch nichts aufschieben. Leben im Konjunktiv ist nicht mein Ding. Machen und nicht nur planen, davon reden oder gar verschieben. Diese Gedanken machen mich heute noch glücklicher. Ich bin unterwegs. "On tour", wie ich es gern nenne.

Und was habe ich gestern gemacht und was vor einer Woche? Solange mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, habe ich noch nicht abgeschaltet. Aber ich bin auf gutem Weg, gestehe ich mir ein. Gerade die letzten Tage waren hektisch. Lange Einkaufzettel für den Proviant, Todo-Listen mit unerledigten Dingen. Ist das Boot auch wirklich technisch in Ordnung? Was ist mit Haus und Garten während unserer Abwesenheit in den Sommermonaten? Dies alles fällt nun so nach und nach von mir ab. Doch der Kontrast ist zu stark, um es mit einem Schalterumlegen abzuschütteln.

Der Wind nimmt zu, ich muss reagieren. Wie gut, denn nun bin ich mit meinen Gedanken ganz bei der Sache. Als wir mit dem Büchsenlicht in den Hafen an der Südspitze Langelands einlaufen, fallen mir schon bald die Augen zu. Die Ereignisse sowie eine Überdosis an Sauerstoff hinterlassen ihre Wirkung.


Der nächste Tag beschert uns reichlich Maisonne und Wind, wie für uns bestellt. Mit dem großen bunten Gennaker kommen wir gut voran. Doch im Vergleich zu anderen Fortbewegungsmitteln wirkt es eher entschleunigend statt beschleunigend. Diese Art zu reisen sagt nicht jedem zu. Doch für mich ist es geradezu maßgeschneidert, in dieser schnelllebigen Zeit. Später, im Göta-Kanal, wird es uns noch deutlicher vor Augen geführt, wenn uns sogar die Radler in aller Gemütsruhe überholen. Wenn wir nach mehreren Seetagen und Stationen in der Natur eine größere Stadt, wie Kalmar oder Stockholm, anlaufen, ist der Kontrast extrem groß: Der Verkehr, die vielen Menschen, die Hektik, die ganz normale Lautstärke unserer Zivilisation, die Gerüche, der Müll. Meine Wahrnehmung hat sich verändert, die Sinne sind sensibilisiert, die Antennen reagieren empfindlicher. Jedes Mal fällt es mir wieder schwer, in das zivilisierte Leben einzutauchen.

Das Bordleben bedarf eigentlich keiner großen Umgewöhnung. Nur der Boden unter den Füßen ist nicht mehr ganz so fest. Alles ist gut verstaut, alles an seinem Platz. Das muss so sein, um gegebenenfalls schnell reagieren zu können. Und das nicht nur, wenn mal ganz plötzlich der Magen knurrt. Doch im Vergleich zu unserer häuslichen Umgebung ist es schon eine gewaltige Herausforderung. Immerhin sind wir den Tausch von komfortablen 150 Quadratmetern gegenüber bescheidenen 15 Quadratmetern Wohnraum eingegangen. Ein Zehntel also nur! Na gut, vielleicht ist es ein bisschen mehr, mit "Sonnenterrasse" und so. So genau lässt sich ein Boot mit den vielen Rundungen auch nicht vermessen.

Anfangs stößt man sich noch hier und da. Besonders beliebt sind dabei die Mittelklampe, der Baum und auch das Schiebeluk zwischen Salon und Cockpit. Es sollte schon auf sein, bevor man durchgeht... Eigentlich wie zu Hause, bei den Türen. Die Kombüse besteht aus einem Zwei-Platten-Herd mit Backofen, Kühlschrank, Spüle, Geschirrschrank und ein paar Schubfächern. Klingt doch ganz ordentlich - oder? Doch die Reihenfolge der Essenszubereitung will stets gut bedacht sein. Schließlich bildet die Kühlschrankklappe gleichzeitig die Arbeitsfläche. Und bei zwei Platten wird es auch schon mal eng, alles warm auf den Tisch zu bekommen. Entsprechende Bordrezepte erleichtern es jedoch.

Unterwegs, bei Schräglage zu kochen, sei nur Fortgeschrittenen empfohlen. Immerhin ist der Herd kardanisch aufgehängt, so dass die Suppe im Topf bleibt. An unserem zweiten Reisetag mache ich davon auch gleich Gebrauch. Und das bei reichlich achterlichem Wind, gedoch im geschützten Småland-Fahrwasser. Schließlich möchte die Crew nach einem langen, anstrengenden Segeltag den Kohldampf bändigen. Auf dem Speiseplan steht heute Estragon-Hähnchen auf Reis. Von wegen Suppe oder Eintopf... Dies gelingt mir auch als wenig talentierter Smutje, sogar bei Schräglage. Als in einer geschützten Bucht der Anker fällt, steht das Essen dampfend auf dem Tisch.

Gemächlich nähern wir uns der Ostküste Schwedens mit ihrem sogenannten Schärengarten. Große Vogelschwärme nutzen ebenfalls den günstigen Wind auf ihrer Route in den Norden. Ich werde neugierig, traue meinen Augen nicht! Erkenne durch das Fernglas Ringelgänse in Formation fliegend, die wir noch einen Monat zuvor auf den saftigen Wiesen Nordfrieslands zu Tausenden beobachtet haben. Später begegnen sie uns wieder, als sie und auch wir das Ziel für diesen Sommer erreicht haben.

Von der Weite des Meeres umgeben, erspähe ich einen schmalen Landstreifen am Horizont. Ein Paradies liegt vor uns, ein Relikt der Eiszeit. Hier werden die Etappen kürzer und die Landgänge intensiver. Die Sinne neu geschärft. Eine Flut an neuen Eindrücken stürzt in dieser einzigarten, faszinierenden Welt auf uns nieder. Jede Insel, jede kleine Schäre hat ihre eigene Besonderheit und häufig auch eine interessante Geschichte. Über der hoch aus dem Meer aufragenden Blå Jungfrun schwebt zum Beispiel ein Mythos, der viele Seefahrer davon abhält, dort anzulanden. Auch wir machen - voller Ehrfurcht - einen großen Bogen um die geheimnisvolle Jungfrau.

Garniert mit vielen Erlebnissen, spontanen Ereignissen und magischen Momenten lassen wir die nächsten 100 Tage in dieser einmalig
schönen, geheimnisvollen Schären- und Inselwelt auf uns wirken. Im Einklang mit der Natur. Wie oft schauen wir gebannt auf

die sich ständig verändernde Wolkenformation. Bewundern fantastische Sonnenuntergänge, die sich wie Feuer im Meer spiegeln.
Teils scheint es unwirklich, wie gemalt. Um die Jahresmitte ist es bis kurz vor Mitternacht noch hell. Schon in wenigen Stunden
taucht am Horizont die Sonne wieder auf. Doch das verpassen wir stets – im Schlaf.
Auch die Pflanzen- und Tierwelt wird uns immer vertrauter, da wir uns meist unter freiem Himmel aufhalten. Auf Tuchfühlung mit der

Natur. Noch im Halbschlaf nehmen wir morgens als erstes die Vogelwelt wahr. Wir genießen die vielen schönen Momente, den

Augenblick. Es fehlt uns nichts - ganz im Gegenteil!



 

Die Ostschären

Dank gutem Wind haben wir in den ersten Tagen viele Meilen Richtung Osten gemacht. Würden wir das Tempo so beibehalten, wäre schon nach fünf Wochen unser gesamter 2.000-Meilen-Törn zu Ende. Der Gedanke stimmt mich nachdenklich. Doch zunächst wollen wir ja in der Tat in möglichst großen Schritten dem Heimatrevier entfliehen, um neues Land zu erobern. Von einem Flauten-Start in Flensburg abgesehen, war die weitere Fahrt durch das Småland-Fahrwasser zur schwedischen Südküste ein Hochgenuss für unsere kleine Männercrew.

Im Gegensatz zu mir haben meine Begleiter den Zeitfaktor fest im Fokus. Mein Segelkamerad Carsten konnte berufsbedingt erst in Langballigau zusteigen und muss nach einer Woche schon wieder von Bord. Klaus wird mich zwei Wochen begleiten. Insofern ist ein breites Grinsen in unseren Gesichtern unverkennbar, als wir am fünften Segeltag die berüchtigte Hanöbucht mit freundlicher Unterstützung von vier Windstärken aus Südwest überqueren und am Abend in Utklippan festmachen.

Dieser „Mikrokosmos“, unterhalb des Kalmarsunds, übte schon immer eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Wohlwissend, dass es hier nur zwei Gebäude gibt: Einen Leuchtturm und ein Scheißhaus. Zwischen Einlaufbier und warmer Mahlzeit erkunden wir die zerklüfteten Steinhügel. Die angriffslustigen Möwen verteidigen ihr Refugium. Mit Recht, schließlich ist Brutzeit. Eine angenehmere Art der schwedischen Willkommenskultur werden wir wohl noch kennenlernen. An diesem Tag haben vier weitere Boote den langen Weg hierher gefunden. Einer internationalen Völkerverständigung steht nichts im Wege. Das bühnenreife Abendlicht bietet eine angemessene Kulisse. Seemannsherz, was willst du mehr?

Die Nachbarinsel Utlängan und den ehemaligen Handelshafen Sandhamn passieren wir in Sichtweite auf dem Weg nach Kalmar. Bei moderatem achterlichen Wind gleiten wir unter Groß und Gennaker an Kristianopel vorbei in den Kalmarsund. Sogar der Strom ist mit uns. Kurz vor der langen Brücke, die das schwedische Festland mit der königlichen Insel Öland verbindet, ist die gut betonnte Hafeneinfahrt unseres heutigen Tagesziels erkennbar. 380 Seemeilen liegen im Kielwasser. Die Stimmung an Bord ist gut.

Carsten hegt noch keinerlei Abmusterungsgedanken, trotz idealer Bahnanbindung, gleich um die Ecke. Nur allzu gut verstehe ich ihn. Wer tauscht schon freiwillig die gemütliche Koje auf einem Segelboot mit einer harten Sitzbank bei der Bahn? Die 60.000-Einwohner-Stadt konfrontiert uns erstmals auf unserem Törn mit „richtigem“ Leben. Der Hafen ist nur spärlich besetzt, doch in der Stadt pulsiert das Leben. Unsere Sightseeing- und Shoppingtour verläuft in jeder Hinsicht erfolgreich. Mein wichtigster Einkauf: Eine schwedische Sim-Karte.

Ganz unbewusst erfolgt nun eine mentale Umstellung auf „Urlaubsmodus“. Sicher hat es mit den nächsten – etwas kürzeren – Tagesetappen und reizvollen Zielen zu tun. Nur 20 Seemeilen trennen uns von Borgholm, der „Hauptstadt“ Ölands und dem zugleich größten Segelhafen Schwedens. In der Tat kommen wir uns dort mit einem halben Dutzend weiterer Freizeitboote in dem riesigen Hafenbecken etwas verloren vor.

Auch in kleineren Häfen finden wir bis weit in den Juni hinein ähnliche Situationen vor. Denn in Schweden beginnt die Segelsaison erst eine Woche vor Midsommar und sechs Wochen später, maximal acht Wochen, ist die Saison in diesen Breiten schon wieder vorbei. In dieser relativ kurzen Zeit lebt der Schwede umso intensiver. Meist draußen, oft auf dem Wasser. Dieses Verhalten haben wir auch bei unserer Törnplanung mit berücksichtigt. Somit führt unsere Route Ende Juni – antizyklisch – über Stockholm zur Mälaren-Seenplatte. Dann durch den Södertälje- zum Göta-Kanal – der Plan ging auf! Schließlich wollen wir ja nicht stören… Ach, und „gestört“ wurden auch wir fast gar nicht, während der ganzen Tour. Denn auch die Plagegeister, die berühmt-berüchtigten schwedischen Mücken, befanden sich offensichtlich auf anderem Kurs. Unsere Abwehrwaffen Biberfett und Moskitonetz kamen nicht zum Einsatz.

Nein, kontaktscheu sind wir nicht! Doch möchten wir gern wissen oder gar beeinflussen, mit wem wir es zu tun bekommen. So haben wir im Hafen von Borgholm angeregte Konversation mit Bootsnachbarn und Einheimischen. Das liegt wohl auch daran, dass wir an diesem schönen Maitag kurzerhand die Bordküche auf die Kaimauer verlegt haben. Gute Ratschläge bleiben da nicht aus… Erstmals kommen nun die Bordräder ans Tageslicht. Schließlich soll die königliche Sommerresidenz von Silvia und Carl Gustaf aus der Nähe inspiziert werden.

Die FIFTI FIFTI ist uns schon ein wenig ans Herz gewachsen. Nachdem wir sie nun zum dritten Mal getroffen haben, nimmt die Eckernförder Crew Kurs auf Gotland und unser nächstes Ziel heißt Figeholm. Doch zunächst liegen wir noch ein Weilchen vor Ölands Küste, nur wenige Schiffslängen auseinander. Wartend auf Wind wechseln wir kluge Ratschläge von Bord zu Bord und schöne Fotos entstehen außerdem. Schließlich füllt sich der Gennaker und der Wind treibt uns auseinander. 

 

 

 

 


Einige Meilen nördlich der hoch hinausragenden Blå Jungfrun endet der Kalmarsund. Der östliche Schärengarten Schwedens verdichtet sich hier zunehmend. Die letzten Meilen bis tief in die Bucht von Figeholm werden navigatorisch anspruchsvoller. Im Schutz der kleinen Insel Äspö taucht schließlich ein gemütlicher H

afen auf. Eine gut gelaunte Hafenmeisterin empfängt uns mit der ganzen Bandbreite an schwedischer Willkommenskultur. Der Wohlfühlmodus steigt ins Unermessliche. Eine Erkundungstour mit dem Rad verdeutlicht uns nochmal, wie schön es hier ist. 


Eine besondere Neugierde entwickeln wir vor der alten verschlossenen Holztür des Seefahrtmuseums. Unter der dort angegebenen Kontaktnummer erreichen wir zunächst niemanden. Eine Stunde später klingelt das Handy, Anders Berg bietet uns eine Privatführung an. So erfahren wir viel Wissenswertes über diese alte Handelsstadt und die damit verbundenen Bräuche und Hintergründe. Ein Holländer hat sich zu uns gesellt. Er ist Einhand mit seinem Trimaran unterwegs. Dies erzeugt wiederum leuchtende Augen bei Carsten, der in Flensburg sein „Dragonfly“ zurückgelassen hat. Also – von langer Weile keine Spur, trotz schwedischer „Winterzeit“.

Mit der Weiterfahrt am nächsten Tag bekräftigen wir nicht gerade unsere Gastfreundschaft gegenüber Figeholm. Ein paar Tage Aufenthalt und weitere Aufmerksamkeit hätte die ehemalige Hafen- und Handelsmetropole schon verdient. Zigeuner und Segler haben wohl etwas gemeinsam. Zusammen mit dem Holländer zieht es uns, vorbei am Kernkraftwerk Simpevarp, weiter Richtung Norden.

In der elektronischen Seekarte habe ich vorsorglich auf Höhe Kråkelund eine Markierung vorgenommen, um die richtige „Zufahrt“ in den immer dichteren Schärengarten nicht zu verpassen. Trotz überwiegend guter Kennzeichnung der empfohlenen Routen (Tracks), muss man stets auf der Hut sein, nicht von der Fahrrinne abzuweichen. Denn hier lauern viele Flachs links und rechts des Weges. Manchmal sogar – scheinbar – direkt voraus. Doch solange man die eigene Position sicher zuordnen kann, ist alles gut. Bald haben wir uns an stark schwankende Tiefenverhältnisse gewöhnt. Bei besonders flachen und engen Passagen muss halt mal etwas Speed rausgenommen werden. Bei Fahrt unter Motor kann man natürlich schneller reagieren. Doch, soweit irgend möglich, sind auf der CHINTA die Segel oben.

Viele beschauliche, oft auch windgeschützte Naturhäfen bieten gute Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Weg nach Norden. Doch Idö, Sparö, Förö und wie sie alle heißen, passieren wir, weil sie eins nicht haben: einen Bahnhof. Und den benötigt Karsten nun dringend. Denn schon übermorgen muss er sich wieder seiner Projektarbeit an Bord eines Schiffsneubaus widmen. So landen wir schließlich nach Hunderten Fahrwassertonnen in Västervik.

Nach so viel Kopfarbeit sorgen die Bordräder für physischen Ausgleich. Mal schauen, ob der Bahnhof auch wirklich dort ist, wo er sein soll und ob der nächste Supermarkt Waren gegen Bares tauscht. Die gegenüberliegende Halbinsel Gränsö zieht uns dann magisch an. Wir durchqueren eine riesige Golfanlage, bestaunen den gehobenen Wohnkomfort im Speckgürtel Västerviks und kehren schließlich ausgepowert und hungrig zurück an Bord. Als Abschiedsessen gibts „Plaaten in de Pann“ und Getränke a la Carte.

Erstmals, seit Törnbeginn, setzt am heutigen Morgen leichter Regen ein. Bereits um sieben Uhr verlassen wir den schönen Vereinshafen Notholmen, um Karsten nach einer kurzen Passage an der städtischen Pier, unweit vom Bahnhof, abzusetzen. Es folgt ein unspektakulärer Abschied, typisch Mann: Wir herzen uns noch kurz, leicht rustikal, und dann sehen wir nur noch seine Hacken und er unser Kielwasser, sofern er sich denn umdreht.

Ein ausgiebiges Frühstück gibt es für Klaus und mich zwei Stunden später auf der kleinen, nur dünn besiedelten Insel Hasselö. Carsten hat dagegen Großstadtprogramm eingeplant: Vier Stunden Aufenthalt in Kopenhagen. Da fällt sicher auch eine warme Mahlzeit und ein kühles Tuborg in Nyhavn für ihn ab. Hasselö ist ein beliebtes Ausflugziel der Västerviker. Dort verbringen sie gern das Wochenende, so wie wir daheim im benachbarten Sonderborg oder Höruphav. Das Rad sorgt nun täglich für körperliche Fitness und gibt uns zudem viele Einblicke in schwedische Flora und Fauna.

Die Sonne ist längst zurückgekehrt, als wir die langgezogene, fast menschenleere Insel durchkämmen. Die wenigen Häuseransiedlungen erinnern an Bullerbü. Autos sind hier Fehlanzeige. Kleine Quads dienen der Fortbewegung. Auf einer Klippe zum Wasser wurde eine Sauna errichtet. Ein großes Fass mit Blick aufs Meer. Daneben ein kleiner runder, auf 40 Grad beheizter, dampfender Pool. Und außerdem gibt es ja noch das Naturbad mit erfrischenden 10 Grad. Ein Stück schwedische Lebenseinstellung. Ich könnt mich dran gewöhnen…

Ein leerer Kühlschrank bestimmt das nächste Tagesziel. Bis zum Supermarkt in Loftahammar sind es nur fünf Seemeilen – auf dem Luftweg. Doch als wir, bis weit in die Bucht hinein, alle Untiefen und Schären umfahren haben, stehen am Ende 16,2 sm auf der Logge. Kurz vorm Zielhafen mussten wir sogar noch einen scheinbar unüberwindbaren Engpass von gut zwei Meter Wassertiefe meistern.

Der Supermarkt – beim ersten „Anlauf“ sind wir schnurstracks dran vorbei marschiert – entpuppt sich als ein gut ausgebauter Kiosk. In Schweden nennt sich alles „Supermarked“, wo Lebensmittel übern Tresen gehen. Fürs Erste reicht es aber, wir müssen nicht hungern. Doch der Grillabend wird vorerst vertagt. Ach ja, das wöchentliche Großreinschiff ist längst überfällig. Also Reinschiff statt Grillen. Dies verbinde ich auch gern mit einem technischen Kontrollgang durchs Boot. Heute keine besonderen Vorkommnisse. Doch – Klaus hat voller Entsetzen etwas aufgedeckt. Und so lässt er seine durchgescheuerte Jeans, die ihn seit nunmehr 30 Jahren treu begleitet, in diesem Hafen zurück.

Das Flach vor unserem Hafen überqueren wir diesmal mit weniger Adrenalin. Bei schwachem Wind genießen wir das Frühstück unter der Morgensonne auf dem Weg zu unserem nächsten Tagesziel. Gerne folgen wir dem Tipp an Flatvarp, bei Stora Askö, nicht vorbei zu fahren. Bei der Einfahrt in die geschützte Bucht müssen wir wiederum sehr auf der Hut sein und noch mehrere Untiefen umschiffen. Den großzügigen Liegeplatz teilen wir uns mit einem weiteren Segelboot und einem Fischerboot. An Land liegen dagegen, hoch und trocken und winterfest verpackt, noch über 20 Boote. Mir tränen die Augen. So ein tolles Segelrevier, aller bestes Wetter und die Schweden tun so, als wäre gerade Weihnachten gewesen. Ausgiebig kraxeln wir in den zerklüfteten Felsen umher. Von der höchsten Stelle werden wir mit einem genialen Ausblick über den Schärengarten belohnt. Eine Steinwüste bis zum Horizont. Und mittendurch verläuft wirklich unsere Route!?

Ich komme aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Und dies ist keineswegs übertrieben. So etwas wie Harstena gibt es nur im Bilderbuch, dachte ich bislang. Vorbei an Fyrudden zieht es uns in die Außenschären, wo der Wind auch schon mal kräftiger bläst. In einem schmalen Sund taucht dann dieser malerische Fischerort auf, von dem aus einst auf Robben gejagt wurde. Alleine, ganz alleine liegen wir hier. Und das wird sich an diesem Tag auch nicht ändern. Ein paar Nachbarn hätten wir schon vertragen können, der Atmosphäre wegen. Fast unvorstellbar erscheint mir der Gedanke, hier an Midsommar zu liegen, wenn der Sund mit Booten vollgestopft ist und die Mega-Schären-Party steigt.

Das Bilderbuch schlagen wir wieder zu, verkriechen uns in das innere Schärenrevier und arbeiten uns weiter Richtung Norden vor. Fast unbemerkt passieren wir dabei den östlichen Zugang zum Göta-Kanal. Nach knapp 20 sm erreichen wir den strategischen Stützpunkthafen Arkösund. Und wen sehen wir da – unsere Freunde mit der FIFTI FIFTI. Die Temperatur erreicht an diesem bewölkten Mai-Tag gerade mal 8 Grad. Bei leichtem Nordwest fühlt es sich auf dem Wasser noch kälter an. Wie gut, dass die Sauna im Hafen bereits vorgeheizt ist. Drei Saunagänge verordne ich mir. Welch ein Genuss! Natürlich läuft nun auch die Heizung an Bord. Wollen es am Abend doch muggelig haben.

Was ein guter Schlaf doch so alles bewirkt: Laune und Außentemperatur sind am nächsten Tag wieder gestiegen, die Regenwahrscheinlichkeit leider auch. Frisch betankt motoren wir den Gränsösund weiter aufwärts und bahnen uns den Weg entlang der Küste bis nach Oxelösund. Der Wind bleibt heute aus, die Segel somit unten und der Motor an. Oxelösund ist nicht gerade der Ort, den man sich im schwedischen Schärenparadies erträumt: Intensive Stahlproduktion, aktives Kraftwerk, hohe Kräne, reger Frachtschiffsbetrieb.

Heute stimmt sogar die Wettervorhersage: Mit einsetzendem Regen laufen wir im vorgelagerten Fiskehamn ein. Erstaunlicher Weise ist ausgerechnet dieser Hafen gut gefüllt. Wie wir später erfahren, ist dies eine angesehene Marina mit gutem Service, auch zum Überwintern. Die Restauration hat ebenfalls einen guten Ruf. Auffallend viele Racing-Boote haben hier festgemacht, um in Kürze die Regatta-Saison einzuläuten. Mein besonderes Interesse gilt einer Pogo30 aus Helsinki. Sie wirkt fast so breit wie lang. Na ja, fast. Nachdem der Regen sich verzogen hat, vertreten wir uns die Beine bis zum zwei Kilometer entfernten Ortskern. Ein Supermarkt, der seinem Namen alle Ehre macht, öffnet mir an diesem verregneten Tag die Augen. “ICA Kvantum“ ziert in großen Lettern den Eingangsbereich. Jetzt gibts allenfalls logistische Probleme.

Nur noch zwölf Meilen trennen uns vom vereinbarten Treffpunkt des nächsten Crewwechsels. Schon nach wenigen Meilen verraucht der Dunst der hohen Fabrikschornsteine. Im krassen Gegensatz dazu führt eine schmale, vier sm lange Fahrrinne, eingesäumt von reichhaltiger Flora und Fauna, nach Nyköping. Auffallend viele Wasservögel haben hier ihr Refugium gefunden und begleiten uns ein Stück des Weges. Welch ein Kontrast. Die sich zunehmend deutlicher abzeichnende Silhouette macht uns neugierig auf die Stadt.

Der Gastliegehafen bietet reichlich Platz. Schnell ist Kontakt zu den Nachbarbooten hergestellt. Vor allem Deutsche, Engländer und Holländer liegen hier. Einige auch mehrere Wochen, wie sich herausstellt. Durch die zentrale Lage inmitten des Schärengartens, die Nähe zu Schwedens Metropole Stockholm und die guten Verkehrsanbindungen ist dies ein beliebter Ort für Crewwechsel. Der internationale Flughafen Stavska ist nur 15 Autominuten entfernt. Klaus schwingt sich aufs Rad, um Bahnhof und Reisebüro auszuspähen. Für den Rückweg per Schiene hat er zehn Stunden eingeplant. Für die 600 Meilen auf dem Seeweg waren es zwei unvergessliche Wochen.

Den letzten gemeinsamen Tag kosten wir jedoch noch so richtig aus mit Kultur, Kneipe und gutem Essen. Sommerliches Wetter ist eingekehrt. Plötzlich haben wir 20 Grad und strahlend blauen Himmel. Mediterranes Flair macht sich breit. Straßen und Höfe sind mit Menschentrauben gefüllt. Ich fühle mich angekommen – im Segelparadies. Der lang gestreckte Fjord, über den wir gekommen sind, schlängelt sich als kleines Flüsschen durch den reizvollen, geschichtsträchtigen Ort hindurch und weiter ins Landesinnere. Vor vielen Hundert Jahren haben hier Könige und Herzöge ihre Spuren hinterlassen. Diese Spuren und andere Sehenswürdigkeiten lohnt es sich genauer zu inspizieren. Vor gemütlicher Hafenkulisse lassen wir den Abend und die gemeinsam erlebten Seetage gebührend ausklingen. Bei dem lautstarken Trinklied „Helan går ...“ am Nachbartisch stimmen wir textsicher mit ein.

Und dann bin ich tatsächlich einen Tag und eine Nacht allein auf der CHINTA. Klaus ist auf dem Heimweg und Angelika hat für den nächsten Tag die Bahnfahrt reserviert. Boot und Skipper können also noch ganz gelassen entspannen und auf die Dinge schauen, die der schwedische Sommer für uns bereithält. Wir haben die letzten zwei Wochen schon so viel erlebt und doch geht es eigentlich jetzt erst richtig los, wenn mein „1. Offizier“ an Bord kommt. Auf diese gemeinsame Zeit haben wir uns lange gefreut. Ist es doch das erste Jahr nach meiner aktiven beruflichen Laufbahn. Einen festen Rückkehrtermin gibt es nicht. Welch ein Luxus!

Schweden ist uns schon lange ans Herz gewachsen. Ein Jahr zuvor wurde unsere Vision bei einem Bildungsurlaub in Malente noch mal bestärkt. Geschichte, Kultur und Sprache dieses sympathischen Landes standen dabei im Fokus. Nur, dass die Bahn Probleme macht, das durften wir erst jetzt schmerzlich erfahren. Ganze zwei Stunden später, als geplant, erreicht der Zug Kopenhagen. Der Anschlusszug ist längst weg, und anders als in Deutschland, benötigt man dann eine neue Fahrkarte mit Platzreservierung plus aufwendige Einreisekontrolle. Erst spät abends trifft der Anschlusszug in Norrköping ein, Bus- oder Bahnanbindung ins 60 km entfernte Nyköping ist Fehlanzeige. Und was machen die Schweden? Sie spendieren meiner Herzallerliebsten doch tatsächlich ein Taxi. Hut ab, zumal die Dänen es vermasselt haben. Um Mitternacht gibt es Sekt und die Erkenntnis, dass wir beim Segeln weniger Probleme hatten.

Ausgiebiges Kapitänsfrühstück und Stadtbesichtigung stehen auf dem Programm. Und am Spätnachmittag heißt es „Leinen los“. Es folgt die kleine Einführung in die große Schärenwelt. Zur Eingewöhnung der Crew in die Schärennavigation sind zehn Meilen am ersten Tag völlig ausreichend. Wir landen in Broken und haben die kleine unbewohnte Insel fast für uns allein.

Etwas mutiger geworden, verlassen wir die geschützte Bucht mit langsamer Fahrt durch einen kleinen Seitenarm. Aber auch nur, weil ein Einheimischer es uns vorgemacht hat. „Nordost“ lautet unser Generalkurs an den folgenden Tagen. Um dann, mit hoffentlich gutem Wind, die Ålands anzusteuern. Aber zuvor liegen noch unzählig viele reizvolle Etappenziele auf unserer Route. Mit Törnführer sind wir gut ausgestattet, doch sie erschweren die Auswahl eher noch. Hinzu kommen noch jede Menge Empfehlungen unserer „Salzbuckel“ daheim in Flensburg. Gern nehmen wir auch unterwegs spontan Tipps an. Schnell wird uns klar, bei dem Überangebot von 70.000 Schären können wir nur an der Oberfläche kratzen. Doch ein paar „Juwelen“ wollen wir schon noch gern herauspicken, und wenn es mit der Lupe ist.

Ein Blick auf den Kalender bestätigt, der Mai ist verstrichen. Der heutige Tagestörn, am 1. Juni, gestaltet sich sehr abwechslungsreich. Zunächst recht enges Fahrwasser, dann freie See mit guter Angriffsfläche für den Wind, bevor wir durch den schmalen Sävösund die Inseln Ringsön und Langö passieren. Im weiteren Verlauf wählen wir den inneren Track, durch die Ausläufer des Södertälje-Kanals, um die windreiche Ecke von Landsort zu meiden. Dennoch bekommen wir den kräftigen Ostwind gut zu spüren. Auf dem letzten Stück des 40-Meilen-Tagestörns, nach Nynäshamn, seht zudem eine unangenehme Welle.

Am kleineren der beiden Gastsegelhäfen vertäuen wir die CHINTA. Sie hat heute wieder Gutes geleistet und darf einen Ruhetag einlegen. Wir dagegen gönnen uns keine Ruhe. So viele neue Eindrücke überall. Das Fahrrad ist dabei sehr hilfreich, den Radius zu vergrößern. In der quirligen Kleinstadt spürt man die Nähe zu Stockholm. Stündlich pendeln die Züge hin und her. Vom Fährhafen legen große Schiffe mehrmals täglich nach Gotland, Estland und Lettland ab. Gemütlich schlendern wir an der Flaniermeile entlang, wo sich kleine Restaurants und Kunstgewerbeläden aneinander reihen und finden so auch noch unsere Ruhe.

Mit frischer Kraft setzen wir an diesem herrlichen Tag die Segel. Unser Ziel: Smådalarö. Das klingt schon so melodisch, so freundlich, wie Urlaub, wie … ach was weiß ich. Eben einladend. Doch – heute ist nicht unser Tag! Die Navigation bereitet uns keine Probleme. Überwiegend freies Fahrwasser im Schutz der beiden großen Inseln Utö und Ornö. Die großen Fähren sind bald achteraus. Dann schläft der Wind ein, viel zu früh. Segel runter, Motor an. Vier Stunden später nähern wir uns dem wohlklingenden Tagesziel.

Ich zucke kurz, um eine kleine unbetonnte Einfahrt in die Ankerbucht zu inspizieren, traue mich dann aber doch nicht und nehme lieber eine zusätzliche Meile um die Schäre herum in Kauf. Zu meinem Erstaunen entdecke ich in der Bucht einen längeren Steg, der gut und gerne fünf Booten Platz bietet. Also nichts wie ran und Sonnenschutz aufgebaut, um der Hitze zu entgehen. Wenig später steht der Kaffee auf der Back, ein Hund auf dem Steg und die dazu gehörige Hundehalterin daneben. Freundlich aber unmissverständlich gibt sie uns zu verstehen, das nicht nur der Hund zu ihr gehört, sondern auch dieser wunderschöne Steg. Wir haben uns also auf einem privaten Liegeplatz breit gemacht. Und das geht in Schweden gar nicht. Das Jedermannsrecht ist ja eine schöne Sache, aber auch dort gibt es Regeln. Ja, den Kaffee dürften wir in ihrer Privatsphäre noch trinken, aber dann…

Eine halbe Stunde später und 200 Meter weiter fällt der Anker. Warum nicht gleich so. Zum Baden ist es mir noch zu frisch in dieser Jahreszeit.

So machen wir es uns unter der schwedischen Sonne gemütlich. Bis – ja bis die Sonne durch herannahende Wolken verdeckt wird. So plötzlich wie die Wolken kamen, bläst auch frischer Wind direkt aus der Einfahrtsschneise in die vermeintlich geschützte Bucht. Und – dieses merkwürdige Grummeln ordne ich nicht meinem Magen zu. Der Sonnenschutz mutiert zum Spinnaker. Hier mag ich mir die Nacht nun nicht mehr vorstellen.

Ölzeug an, Motor an, Anker auf. Im Augenwinkel nehme ich noch den verstörten Blick des Hundes war, der erneut in Verteidigungsstellung gegangen ist. Kurz beratschlagen wir über einen geeigneten Fluchtort. Knapp vier sm nördlich, ein nach allen Seiten geschützter Naturhafen. Das ist es! Småängsviken klingt zwar nicht ganz so melodisch, aber den Wetterverhältnissen angepasst. Der Gashebel neigt sich weit nach vorn und erzeugt eine beachtliche Bugwelle. Nun setzt auch starker Regen ein. Das Gewitter bleibt immerhin aus.

Nur noch durch diesen Flaschenhals und dann kann uns keiner mehr... Ein paar Mastspitzen lugen bereits aus der Bucht hervor. Also, so schlecht kann der Ankerplatz nicht sein. Doch, was ist das? Ich traue meinen Augen nicht! Eine Marina mit etwa 200 Liegeplätzen kommt hervorgezaubert, wie Jeannie aus der Flasche. Immerhin schon zur Hälfte gefüllt. Dann müssen wir hier also gar nicht ankern. Gesagt, getan. Und schon sind wir vertäut. Nur komisch, dass der Hafen in unseren Seekarten und Törnführern nicht auftaucht. Kein Hund auf dem Steg und auch sonst ist hier kaum menschliches Leben auszumachen.

Wäre da nicht ein verschmutzter Hafenarbeiter, der mit seinem Arbeitsboot ständig hin und her tuckert. Und was soll ich sagen, ihm gefällt unsere deutsche Flagge nicht. Nur schwer verständlich, aber dennoch deutlich genug, erklärt er uns, dass diese Anlage rein privat sei. Nee, nee! Ich muss sehr ungläubig geguckt haben, denn er wiederholt die gleiche Aussage noch einmal. Und nur für eine Nacht geht auch nicht? 

Im Geiste fällt bei mir schon wieder der Anker, 200 Meter weiter. Wäre da nicht dieser gut gemeinte Rat des Hafenarbeiters. Zwar verstehen wir den Ortsnamen nicht so richtig, doch nur eine Meile weiter kling, ganz versöhnlich. Detektivisch studieren wir unser Kartenmaterial und meinen nun Malmakvarn vernommen zu haben. Das klingt nun aber irgendwie gar nicht mehr wie Urlaub und außerdem sind es drei Meilen und nicht eine. Na gut, da kommt es nun auch nicht mehr drauf an. Die Sonne ist zurückgekehrt, der Wind hat sich verzogen und wir machen es ihm nach.

Eine halbe Stunde später machen wir genau in diesem Hafen fest. Schauen zunächst noch ungläubig nach Hunden, Hafenarbeitern und Verbotsschildern. Fehlanzeige! Er entpuppt sich als einer der schönsten Häfen unserer ganzen Tour. Allein schon wegen dem, mit sehr viel Liebe, künstlerisch gestalteten Toilettenhäuschen.
Ein echter Hingucker
! Wir Grillen mit Genuss und lassen uns den Sundowner bei einem kitschig-schönen Sonnenuntergang so richtig schmecken. Welch ein Tag, welch ein Happyend. Müde und zufrieden in der Koje liegend frage ich mich: „Warum nicht gleich so?“

Auch hier lernen wir interessante Menschen kennen. Zum Beispiel den Belgier, der zusammen mit seiner schwedischen Frau seit fünf Jahren auf seiner Bavaria die belgische Nationale spazieren fährt. Er arbeitet – was man so Arbeit nennt – für eine französische Firma als Vertriebsleiter. Vertriebsgebiet: Schweden. Sein Arbeitsplatz: siehe oben… So gehts! Doch mein Modell gefällt mir auch, so ganz ohne Arbeit.

Weiter gehts Richtung Norden – unter Segel. Das Wetter hat sich auf gutem Niveau stabilisiert. Die Nächte sind, durch die polare Meeresluft, noch saukalt. Das Wasser ebenfalls, mit gerade mal zehn Grad. Wir befinden uns nun auf Höhe von Stockholm. Unsere Route verläuft etwa 20 sm östlich der schwedischen Hauptstadt. Kurz nach Mittag erreichen wir Husarö. Eine Insel, die sich in der Größe gut erwandern lässt. Sofern man sich nicht verläuft… Auf einem Plakat wird das jährliche Schwimmevent „Husarö-runt“ angekündigt. Sechs Kilometer beträgt die gesamte Strecke um die Insel. Da muss die Temperatur aber noch kräftig zulegen. Wassertaxen und kleine Fähren sorgen für reichlich Schwell auf unserem Liegeplatz.

Da ziehen wir gern weiter. Es geht in den Stämmarsund. Schärensegeln vom Feinsten. Viel zu schnell erreichen wir unser Tagesziel. In dem angrenzenden Wanderheim von Blidö herrscht gähnende Leere am heutigen Nationalfeiertag, dem 6. Juni. „Big Mama“ wie wir sie nennen, hält dennoch die Stellung. Fürsorglich hilft sie uns mit Toastbrot aus, da weit und breit kein Bäcker aufzutreiben ist.

Nun ist es nicht mehr weit, bis zu unserem Absprunghafen, zu den Ålands. Dicke Pötte kreuzen unsere Route. Über etwa fünf Meilen teilen wir uns das breite Fahrwasser, es ist vergleichbar mit der Autobahn. Gern nutze ich hier die AIS-Unterstützung, also das automatische Identifikationssystem, das mit Funkgerät und Kartenplotter kommuniziert. So bekomme ich zur Sicherheit alle umliegenden gewerblichen Schiffe auf der elektronischen Seekarte angezeigt, mit Hinweis auf Kollisionskurs. Vorbei an dem großen Fährhafen Kappelskär legen wir noch in Grädda einen Zwischenstopp ein.

Bis zu unserem nördlichsten Punkt in den Ostschären, kurz vor dem 60. Breitengrad, sind es nur noch acht Meilen. Die Zufahrt der geschützten Bucht von Arholma hat es aber in sich. Die letzten zwei Meilen erfordern konzentrierte Navigation. Und die letzten Meter verlangen uns sogar Millimeterarbeit ab. Wir haben Niedrigwasser und wollen dennoch gern längsseits am Südsteg festmachen. Es folgt eine einkalkulierte leichte Grundberührung. Nichts anderes macht der Papst, wenn er auf fremdem Terrain aus dem Flieger steigt. Er küsst den Boden. Voller Ehrfurcht vor diesem schönen Land eifern wir ihm nun also nach.

Es ist auch nicht weiter tragisch, aber schön ist das Geräusch nicht, wenn Stein und Metall zusammentreffen. Toi, toi, toi, in Fahrt ist es uns während des ganzen Törns nie widerfahren. Das wäre bei dem harten Grund auch nicht sehr ratsam. Auf einem vermeintlichen Liegeplatz haben wir, bedingt durch anhaltendes Niedrigwasser, jedoch noch einige Male das zweifelhafte Vergnügen. Nun aber liegen wir mit zehn Zentimeter Wasser unterm Kiel, also eine Handbreit, wie es uns so oft gewünscht wurde, gut vertäut am Ende des Steges.

Die vier km lange Insel Arholma steht komplett unter Naturschutz. Die vielen Wanderwege laden ein, diesen „Abenteuerspielplatz“ zu erkunden. Gleich mehrere Wanderheime zeugen von regem Betrieb in den Sommerferien. Zwei Bauern nutzen die überschaubaren landwirtschaftlichen Flächen. Der Weg zur anderen Seite der Insel ist kurz. Dort gibt es einen weiteren kleinen Hafen mit Kiosk und Gastronomie. Mitten im dichten Nadelwald stoßen wir auf einen ehemaligen Friedhof. Ein kleines verwittertes Schild verweist auf die Stiftung „Minneslund“. Die schmalen Pfade führen ins Nichts. Prompt verlaufen wir uns. Oh, oh....

Einen tollen Überblick verschaffen wir uns an der Nordspitze, ganz oben von der Bake, die den Seefahrern schon seit 250 Jahren den sicheren Weg ins Schärenlabyrinth weist. Die Sicht ist gut, doch bis zu den Ålands reicht es dann doch nicht. Eine tolle Insel, irgendwie besonders. Man muss sie erleben bzw. erwandern. Das I-Tüpfelchen ist die kleine Sauna, gleich neben den beiden Plumpsklos, ganz in unserer Nähe. Eine drollig verfasste „Gebrauchsanweisung“, nebst prall gefülltem Gästebuch, deuten auf regen Zuspruch hin. Das Anheizen mit Holzscheiten ist selbst vorzunehmen. Im Anschluss muss so viel Holz gehackt werden, wie verbraucht wurde. So einfach kann das Leben sein.


 

Die Ålands

Für den gesamten Törn – einen Sommer lang in Schweden – wären vor ein paar Jahren wohl sechs „normale“ Urlaube draufgegangen. Und in solch kleine Häppchen haben wir ihn gedanklich auch aufgeteilt:

  1. Ostschären (wie beschrieben)
  2. Ålands (da soll es jetzt hingehen)
  3. Stockholm (mit „Vorgarten“)
  4. Mälaren (Zur Abwechslung mal Süßwasser)
  5. Göta- und Trollhättan-Kanal (Das blaue Band)
  6. Kattegat (bekanntes Terrain)

Damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen, die Ålands gehören nicht zu Schweden. Sie unterliegen der finnischen Verwaltung, sind ansonsten aber autark. Selbstverständlich verfügen sie somit über eine eigene Flagge. Es ist die schönste, die die CHINTA je schmückte. Doch bis wir sie hissen dürfen, vergehen noch ein paar Meilen. Arholma ist ein idealer Absprunghafen. Mit 3 – 4 Windstärken aus Nord herrschen beste Wetterbedingungen. Bereits um kurz nach Sieben verlassen wir unsere geschützte Bucht. Eine halbe Stunde später liegen die letzten kleinen Schären im Kielwasser. Wir haben das offene Meer erreicht. Die vielbefahrene Fährlinie verläuft ein paar Meilen weiter südlich. Die Segel stehen gut, wir genehmigen uns den zweiten Muck Kaffee.

Nach 20 Meilen, weit an Steuerbord liegend, taucht die kleine Schärengruppe von Långskär auf. Durchs Fernglas erkenne ich den hohen Funkmast sowie einige Aufbauten. Auf dem Plotter zoome ich es etwas näher heran und entdecke sogar eine Möglichkeit zum Anlanden. Doch wir bleiben schön auf Kurs, bei 66°. Und auch dort tut sich schon bald etwas auf. Große Windräder voraus. Nun dürfen wir: Die Gastlandflagge wird gehisst. Farbenfroh strahlt sie auf halber höher vom Steuerbordwant herunter. Eine Vorfreude auf dies unbekannte Land ist unverkennbar. Eine Stunde später passieren wir die ersten kleinen Schären des Archipels, hier oben in der Ostsee, zwischen Schweden und Finnland. Nun treffen wir direkt auf die Fährroute, die mitten durch die Schären führt. Mit ausreichend Abstand kreuzen gleich zwei Fähren unseren Weg. Auch hier finden wir eine vorbildliche Betonnung des Fahrwassers vor. Eine halbe Meile vorm Ziel drehen wir ab in flacheres Gewässer. Im Schutze einer Insel bergen wir die Segel.

Bei strahlend blauem Himmel machen wir am langen Steg in Rödhamn fest. Spärliche Vegetation müht sich zwischen den großen, runden, walfischähnlichen Felsen ans Tageslicht. In der Hochsaison ist es schwierig hier einen Platz zu ergattern. Heute sind wir zunächst die Einzigen. Wahnsinn. Am Abend gesellen sich ein Traditionssegler und zwei kleinere Segelboote zu uns. Am Bootshaus werden Motorjets für die bevorstehende Saison aus dem Winterschlaf geholt. Strom auf der Insel ist Fehlanzeige. Was es hier gibt, ist überschaubar und schnell erreichbar.

Gleich um die Ecke: Zwei Plumpsklos mit Partybeleuchtung sowie eine Outdoor-Waschgelegenheit. Oben, auf dem Felsen, ein kleines altes Lotsenhäuschen. 500 Meter weiter ein größeres, eingerichtet als Museum. Beim weiteren Rundgang stoßen wir auf ein bescheiden eingerichtetes Wanderheim und eine Sauna mit beträchtlichen Holzvorräten. Und das Beste zum Schluss: Annettes Cafe‘. Es genießt über die Grenzen hinaus einen guten Ruf. Urgemütlich ist es dort, und alles selbstgemacht. Von ihrer leckeren Schokoladentorte hatten wir schon vor einigen Jahren auf Bornholm gehört. Hhmmm… natürlich probieren wir uns durch ihre kleine Speisekarte. Ihr Mann sorgt für das Grobe drum herum, hält alles instand und betreibt einen kleinen Bootsverleih. Eine Insel zum Träumen und Wohlfühlen.

Mehr braucht man (Mann) nicht, wenn denn die Atmosphäre stimmt. Eine rustikale Einstimmung auf die folgenden zwei Wochen. Den krassen Gegensatz dazu erleben wir in der Hauptstadt der Ålands. Durch gut betonntes Fahrwasser sind wir schon nach zwei Stunden Fahrzeit in Mariehamn. Der gut ausgebaute Osthafen bietet uns Quartier, von hier können wir unseren Törn, durch das innere Schärenarchipel, gut fortzusetzen. Die 11.000-Einwohner-Stadt ist in der Segler- und Kreuzfahrerszene ein fester Begriff. In Mariehamn laufen alle Fäden der 20.000 Åland-Schären zusammen. Eine rege Geschäftswelt mit moderner Verwaltung prägt das Stadtbild. Und – es wird schwedisch gesprochen.

Täglich wird der Westhafen, an der anderen Seite der Stadt, von zahlreichen Fähr- und Kreuzfahrtschiffen angesteuert. Hier pulsiert das Leben. Mittendrin die alte Vier-Mast-Bark POMMERN, im Originalzustand. Sie zeugt von der Seefahrt vergangener Tage. So auch der Historische Hafen mit Museum, bei uns, gleich um die Ecke. Per Pedes und Rad ist hier alles gut erreichbar. Von einer Bank, weit oberhalb der Stadt, genießen wir den schönen Ausblick und beobachten das Einlaufen der ALBATROSS, ein hübsches Kreuzfahrtschiff der Premiumklasse. Hier könnten wir es bis zum Sonnenuntergang aushalten.

Bevor es weiter geht, füllen wir den Dieseltank vorsorglich ein zweites Mal auf. Man weiß ja nie, wo man landet. Doch schon wegen der vielen Motorboote findet man in Schweden und auch hier, mitten in der Ostsee, ein recht enges Tankstellennetz vor. Auch Absauganlagen für Fäkalien und Grauwasser sind in den meisten Häfen und sogar in jeder größeren Ankerbucht vorhanden. Seit 2015 gibt es in Schweden und Finnland einen neuen Umweltkatalog mit diversen verpflichtenden Maßnahmen und Verboten. So, unter anderem, das Ableiten von Fäkalien ins Meer.

Die Finnischen Seekarten sind so ganz anders als unsere, sie weichen stark von der gewohnten Norm ab. Allein schon die farbliche Darstellung, Gelb und Grün dominieren. Dies findet nicht meinen Zuspruch. Dennoch setze ich mich widerwillig mit dem fremden Kartenmaterial auseinander. Wie gut, dass meine Elektronik auch dieses Seegebiet in gewohnter Form darstellt. Viele reizvolle Plätze gibt es hier, die es wert sind, dort anzulanden. Doch auch hier werden wir uns mit einer kleinen Auswahl begnügen müssen.

Durch enges Fahrwasser erreichen wir schon bald den Lemström-Kanal. Die Drehbrücke öffnet stündlich. Sie bahnt uns den Weg über den Lumparn, Richtung Nordost. Hier können wir prima segeln. Und dann wird es, die letzten drei Meilen, noch mal richtig eng und teilweise auch sehr flach. Das verzwickte Fahrwasser erinnert mich an die Schlei, die Vegetation der Ufer an den Schwarzwald. Wohlbehalten kommen wir am Ende des Fjords in Kastelholm an.

Einmal mehr fühle ich mich ins Paradies befördert. Schon die letzten Meilen waren ein Hochgenuss. Obwohl der Hafen offiziell noch nicht geöffnet hat, thront „Big Mama“, wie wir sie auf Grund äußerer Merkmale nennen, bräsig in ihrem Gartenstuhl vor dem ochsenblut-roten Hafengebäude. Sie strahlt mit der Sonne um die Wette und empfiehlt uns einen besseren Platz mit dem Heck zum Schloss. Gern folgen wir ihrem Rat. Lediglich für Strom und Wasser knöpft sie uns fünf Euro ab. Der Liegeplatz sei kostenlos, da die Saison noch nicht begonnen hat. Na denn...

So genießen auch wir vom Cockpit aus das schöne Wetter, den fantastischen Ausblick auf den gegenüberliegenden Golfplatz, auf die Schlossruine von 1380 sowie das angrenzende Freiluftmuseum. Bei der tollen „Fototapete“ könnten wir eigentlich auch zwei Tage an Bord bleiben. Doch die Neugierde lässt uns nicht rasten. Schloss und Museum sind ein absolutes Muss. Wir werden nicht enttäuscht. Auch der fünf Kilometer lange 18-Loch-Park fordert uns heraus. Jedoch begnügen wir uns mit einer Walkingrunde – ohne Schläger. Den Abend verbringen wir auf dem liebevoll hergerichteten Grillplatz mit Kräuter-Hochbeet zur Selbstbedienung.

Hinter den Hügeln vermute ich mehr und schwinge mich so am nächsten Tag aufs Rad. Entdecke nach dem Überqueren einer langgezogenen hohen Brücke, im Färjsundet, einen weiteren beschaulichen Hafen. Ganz in der Nähe besteige ich einen Aussichtsturm und genieße dieses herrliche Panorama, eine Mischung aus Wald und Wasser.

 

 

 

 

In dem fast leeren Hafen hat ein weiteres Boot direkt neben uns festgemacht. Schnell kommen wir mit den Finnen aus Turku in Kontakt. Im Gegensatz zu uns, kommen sie jedes Jahr hierher. Die vier graumelierten Herren segeln nicht nur, noch lieber spielen sie Golf. Die Konversation mit ihnen ist amüsant und auch ganz interessant. Ihr jährlicher Ausflug basiert auf eine langjährige Männerfreundschaft, ist von Tradition geprägt und hat immer das gleiche Ritual:

  1. Frauen (bleiben zu Hause)
  2. Rotwein (darf niemals zur Neige gehen)
  3. Diskutieren (über alte Zeiten, immer die gleichen Themen; alle waren in derselben Firma)
  4. Golf (drei Tage lang)
  5. Zusatzprogramm (nur in diesem Jahr: Fußball-EM, mit viel Diskussionsstoff und Rotwein)

In der zweiten Halbzeit wurde es dann auch richtig laut an Bord der sportbegeisterten 70-Plus-Clique. Und dennoch, sehr sympathisch, diese Finnen. Eine echte Männerfreundschaft ist eben durch nichts zu ersetzen.

Vorsichtig tasten wir uns mit Unterstützung der großen Genua aus dem verwinkelten Seitenarm heraus. Zurück im Lumparnsee, erhalten wir durch das Groß zusätzlichen Vortrieb. Vor der Insel Segleskär lassen wir die Plünnen fallen, um anzulanden. Doch zu unserem großen Erstaunen ist weit und breit keine Schwimmbrücke auszumachen, wie im Handbuch beschrieben. Und zum Ankern erscheint es uns nicht ausreichend geschützt. Also legen wir nach kurzer Beratung bei den guten Segelbedingungen noch mal 15 Meilen oben drauf. Und so erreichen wir zur Kaffeezeit den nördlichsten und zugleich östlichsten Punkt unserer Reise:

Die Koordinaten 60°26‘N und 020°74‘E sind dem kleinen Hafen Remmarhamn auf der Insel Kumlinge zuzuordnen. Ein schöner Segeltag endet schließlich im Regen. Wie schön, auch hier mal wieder eine Sauna vorzufinden. Das Anheizen übernehmen, nach kurzer Absprache, unsere holländischen Stegnachbarn. Schnell ist das Vier-Quadrat-Meter-Häuschen muggelich warm und wenig später auch gut gefüllt. Erstmals traue ich mich, zwischen den Saunagängen, in die nur 12 Grad kalte Ostsee.

Auf der kleinen angrenzenden Nachbarinsel, zu der eine schmale Brücke führt, soll es Rentiere geben. Mutig macht Angelika sich auf die Pirsch, doch leider vergebens. Oder Gott sei Dank? Zusammen machen wir uns auf den Weg ins naheliegende Kumlinge-By. Daraus entwickelt sich jedoch ein ausgewachsener Orientierungsmarsch. Da wir die Landstraße mit den Autos nicht teilen wollen, folgen wir lieber den gelb-blauen Markierungen über das Felsplateau. Das beginnt ganz harmlos, entpuppt sich aber zunehmend zu einer Schnitzeljagt. Etwa alle Hundert Meter taucht eine Markierung auf den moosbewachsenen nassen Steinen auf.

Dann weisen Gelb und Blau plötzlich in unterschiedliche Richtungen. Spontan entscheiden wir uns für die scheinbar kürzere Route. Wenig später enden die Felsen, weiter gehts im kniehohen Gras – ohne Markierungen. Leider ist es noch klatschnass vom Regen der letzten Nacht. Und die Route kann man jetzt nur noch erahnen. Auch hier hat die Saison wohl noch nicht begonnen. Geschlagene zwei Stunden später treffen wir dann tatsächlich auf eine befestigte Straße und müssen uns völlig orientierungslos für links oder rechts entscheiden. 20 Minuten später stehen wir tatsächlich und wahrhaftig vor dem Dorf-Laden in Kumlinge-By. Mit völlig durchnässter Hose, zumindest bis zum Knie. Zur Belohnung bzw. Wiederbelebung muss nun dringend ein Cappuccino her. Für den Rückweg wählen wir die Straße.

Auf dem Wasser kommen wir mit der Orientierung besser klar. Bei sehr diesigen Sichtverhältnissen legen wir ab und erreichen schon bald den Hauptschifffahrtsweg, der die Ålands durchquert. Vorsorglich habe ich mir eine Kopie mit den Fahrzeiten der Schnellfähren Stockholm – Turku gefertigt. Natürlich ist bei diesen Bedingungen auch unterstützend das AIS im Einsatz. So erreichen wir ohne größere Zwischenfälle schon bald Seglinge. Am Steg stehen Fahrräder, die wir für eine kleine Rundfahrt gern in Anspruch nehmen. Noch einen abschließenden Kaffee und dann sind auch schon wieder die Segel gesetzt. Es hat aufgeklart, die Sicht ist nun ganz gut. Bis nach Degerby benötigen wir noch vier Stunden. Kleine und große Fähren kreuzen mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit des Öfteren unseren Weg. Als gebe es kein Morgen.

Selbst am Liegeplatz müssen wir weiterhin im Stundentakt die Fähren dulden. Sie sorgen stets für mächtig Schwell. Wie gut, dass sie nachts nicht fahren. Zudem wurde im Wetterbericht reichlich Wind aus Nordwest prophezeit. Unter diesen Rahmenbedingungen gefällt mir unser nach Westen hin offener Liegeplatz überhaupt nicht. Zu flach, zu offen, Wind direkt aufs Heck, Steine in Legerwall – blöder Hafen! Mehrfach legen wir die CHINTA um. Und dann ist die Nacht doch ruhiger als erwartet.

Mit einem ausgiebigen Spaziergang durch den angrenzenden Wald läuten wir den nächsten Tag ein. Wie röhrt eigentlich ein Ren? Oder was hören wir da gerade? Ein Hund ist es jedenfalls nicht. Kühe oder Pferde auf der Weide? Fehlanzeige! Verdutzt und leicht verunsichert setzen wir den Weg durch das menschenleere Terrain fort. Ganz in der Beschützerrolle schaue ich mich immer wieder um. Na denn eben nicht…

Zurück am Hafen, kommen wir mit einem älteren Ehepaar aus dem Bayrischen Wald ins Gespräch. Seit 15 Jahren verbringen sie nunmehr den Sommer auf den Ålands und in den finnischen Schären. Aus ihren Augen sprüht pure Begeisterung. Ein geeignetes Winterlager für ihre Monsun haben sie in Mariehamn gefunden. Sechs Jahre zuvor war ihr schöner 40-jähriger Holzkreuzer mit 160 weiteren Booten (!) einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen. Aufgeben gibts nicht, sagt der fidele 80-Jährige und verweist lachend auf die nächsten Jahre. Abschließend nehmen wir noch dankend ihren Tipp bezüglich einer besonders schönen Ankerbucht an.

Eine Stunde später setzen wir dies in die Tat um. Mit dem unruhigen Hafen hatten wir uns ja eh nicht angefreundet. Glücklich und zufrieden, wie das ältere Rentnerpaar, bereiten wir, in der rundum geschützten Ankerbucht von Möholm, unseren Nachmittagskaffee zu. Den Kuchen haben wir noch vorsorglich beim Kaufmann besorgt. Denn hier ist es schlecht mit Einkaufen. Doch die Natur bietet uns alles, was wir brauchen. Gern verweilen wir hier noch einen weiteren Tag. Nur schade, dass die Badetemperatur noch immer zu wünschen übrig lässt. So vergnüge ich mich, ganz das Kind im Manne, mit dem Schlauchboot und erkunde die umliegenden Schären. Lesen und dösen runden das Programm ab.

Die Uhr wird eine Stunde zurückgestellt, denn heute gehts wieder in schwedische Gewässer. Die Windverhältnisse sind ähnlich gut, wie bei der Hinfahrt. Drei bis vier Windstärken, diesmal aus Süd. Doch es dauert noch gut zwei Stunden, bis die letzten kleinen Schären achteraus liegen. Mit Kurs 244° peilen wir das Leuchtfeuer von Söderarm an und machen, vorbei an Kappelskär, in Furusund fest. Die zwei Wochen auf den Ålands bleiben in bester Erinnerung.

Eigentlich müsste man noch in den finnischen Schärengürtel eintauchen, wenn man schon mal hier oben, in der Ostsee, ist. Von den Ålands verlaufen die Schären quasi ineinander über. Bis nach Turku ist es dann nur noch ein Tagestörn. Doch, trotz zeitlicher Luxusvariante, müssen wir ab und an Abstriche machen bzw. Prioritäten setzen. Auch die schwedische "Höga Kusten" mit ihrer hoch hinaufragenden, rötlich schimmernden Felsformation und der einzigartigen Gebirgslandschaft hätte uns sehr gereizt. Doch bis zu dem Weltnaturerbe sind es von Arholma nochmal 200 sm.

Wir aber wollen nun gegen den schwedischen Urlaubsstrom über den Stockholmer Schärengarten ins Landesinnere. Der Mälaren-See hat den Vorzug erhalten.


 

Stockholm

Es kann nur auf eine Liebeserklärung hinauslaufen. Denn Stockholm ist in meinen Augen eine der schönsten Großstädte Europas. Wenn nicht sogar... Und zu den inneren Werten kommen wir noch. Es mag wohl auch die Nähe der schwedischen Metropole zum Wasser sein. Denn die 800.000 glücklichen Schweden – mit „Speckgürtel“ sind es 2 Millionen – leben alle unweit vom oder sogar direkt am Wasser. Bei jeder Gelegenheit schwärmen sie mal eben mit dem Boot in ihren „Vorgarten“ zu einer der 24.000 Schären aus. So variiert die Zahl ein wenig... Die Stadt selbst ist auf 14 Inseln verteilt.

Noch aber sind wir dort nicht angekommen. Von den Ålands kommend machen wir zunächst einen Zwischenstopp, direkt am Hauptfahrwasser, in Furusund. Und da ist denn auch so richtig was los. Bis in den Abend hinein zählen wir zehn große Fähren und Kreuzfahrtschiffe, die vor unserer Nase gemächlich den Sund passieren. Der Schwell im Hafen bleibt erstaunlicher Weise aus. Die gepfefferte Hafengebühr sagt uns, wir sind in der Hauptsaison angekommen.

Beim abendlichen Rundgang erhaschen wir einen Rückblick, fast bis in die Steinzeit. So staunen wir über eine 500 Jahre alte, in Stein gemeißelte Kompass-Variante. Oben auf der Bergkuppe, neben dem beschaulichen Sommerhaus von Astrid Lindgren und der 250 Jahre alten Windmühle steht ein fast genauso alter Telegraf, mit dem damals Informationen optisch weitergereicht wurden. In „nur“ sieben Minuten wussten die Stockholmer, was hier draußen im Sund los ist. Aha – die Vorläufer also von Webcam, Whatsapp und Co.

Der Hafen ist international besetzt. Haben interessante Gespräche mit einem Holländer, der seine Hunde Gassi führt, mit einem Schweden, dessen Katze offensichtlich entlaufen ist und einer Dänin, die einen Waschtag auf ihrer Nauticat eingelegt hat. Dort hängt so viel Wäsche, dass ich neugierig nachhaken muss, ob sie etwa eine Waschmaschine an Bord hat. Ja, sie hat – unglaublich! Neben uns eine schwedische Charter-Yacht mit finnischer Flagge und deutschem Skipper. Eine Waschmaschine hat er zwar nicht an Bord, aber abenteuerliche Episoden waren von ihm zu erfahren. Sie kommen geraten von einer alten Festung, unweit von hier. An diesem Geheimtipp sollten wir auf keinen Fall vorbei fahren.

Tatsächlich steuern wir dann auch am nächsten Tag die kleine Insel mit der Festung an. Doch der Versuch dort anzulegen geht kräftig in die Hose. Bei dem frischen auflandigen Wind aus Südwest ist mir von vornherein schon etwas mulmig. Die Muringtonnen für die Achterleine sind extrem weit vom Steg entfernt. Selbst unsere extralange Festmacherleine ist noch etwas zu kurz. In der Eile verlängere ich sie kurzerhand. Das Wasser zum Steg hin wird schnell flach und obendrein garnieren große Steine jeden zweiten Liegeplatz. Wir treiben quer auf eines der beiden Boote zu. Das kann jetzt nur noch daneben gehen. Die Augen des Eigners scheinen ihm aus dem Gesicht zu springen. Spontan breche ich die Aktion ab. Hei-jei-jei, das war knapp. Es hätte auch anders ausgehen können. Einen weiteren Versuch ersparen wir uns. Mit erhöhter Pulsfrequenz sortieren wir die Leinen, werfen noch einen prüfenden Blick zurück und machen uns auf die Suche nach einem besseren Platz.

In Linanäs werden wir fündig. Windgeschützt mit Kaufmann, Tankstelle und Restauration – alles direkt auf der breiten Kaimauer. Aber ohne Festung und Kanonen. Man kann nicht alles haben…

Es ist Donnerstag, der 23. Juni, einen Tag vor dem Midsommar-Wochende. Das drei Tage andauernde Volksfest der Schweden wollen wir uns nicht entgehen lassen. Nur Zuschauen reicht uns nicht. Nein, wir wollen dabei sein. Und zwar mittendrin – und mitfeiern. Und dafür erscheint das kleine quirlige Städtchen Vaxholm genau das Richtige zu sein. Denn auch ohne Feierlichkeiten spürt man dort, unweit von Stockholm, von morgens bis abends das pralle Leben.

Schon als wir uns annähern, kommen Boote von allen Seiten. Eine Seilzugfähre mittendrin. Auch im Sportboothafen herrscht Hochbetrieb. Die einen wollen rein, die anderen raus. Nur nichts überstürzen. Platz scheint hier genug zu sein. Doch das Wasser beruhigt sich überhaupt nicht. Ein Hafen mit Waschmaschineneffekt. Doch etwas zu quirlig hier? Wir nehmen es billigend in Kauf. Haben es ja so oder so ähnlich gewollt.

Hier ist der Dreh- und Angelpunkt aller Gastfahrtschiffe und Fähren. Und dazwischen jede Menge Wassertaxen. Vorfahrtsregeln scheinen außer Kraft gesetzt. Ein Wunder, dass es ganz ohne Havarien ausgeht. Ich sehe jedenfalls keine.

An Land geht es gemächlicher zu. Viele kleine Gassen mit niedlichen Holzhäusern, Läden und Restaurationen durchziehen die überschaubare Insel. Und nun kommen wir doch noch zu unserer Festung. Hier in Vaxholm wurde bereits im 16. Jahrhundert, zur Sicherung des Seeweges nach Stockholm, ein gewaltiges Bauwerk errichtet. Ganz oben, vom Burgturm, genießen wir einen fantastischen Ausblick über den Stockholmer Schärengarten.

Die Vorbereitungen für das große Fest am Wochenende sind überall spürbar. Alle Schiffe sind nun mit Birkengrün geschmückt. Die Kinder bereiten eifrig ihren Kopfschmuck vor. Getränke werden kistenweise gebunkert. In den Spirituosengeschäften, den „Systembolagete“, herrscht Hochbetrieb. Auch gutes Wetter ist vorausgesagt. An den Gastfahrtschiffen bilden sich lange Schlangen. Viele Schweden fahren mit Sack und Pack und ein paar Paletten Bier hinaus auf die Schären, um dort mit Freunden zu feiern.

Gegen Mittag machen wir uns auf zum Park. Auf der großen Festwiese sind wir in guter Gesellschaft. Wie die Schweden, sind auch wir mit Decke, gut gefülltem Picknickkorb und natürlich ausreichend Getränken ausgestattet. Wer weiß, vielleicht kommen noch Gäste auf unsere Decke? Die hübschen blonden Schwedinnen haben ihr Haupt mit Blumenkränzen geschmückt. Tausende gut gelaunte Menschen haben sich versammelt, als um 15 Uhr hoch offiziell die geschmückte Midsommarstång aufgerichtet wird und die Musik aus den Lautsprechern erklingt. Diverse Tanzrituale folgen. Wir reihen uns mit ein und versuchen der skandinavischen Tradition zu folgen. In der Mitte des Geschehens die Majstång. Ähnlich wie in unserer Region der Maibaum. Natürlich größer, schöner und überhaupt… irgendwie ganz anders. Alles verläuft feucht- fröhlich-friedlich. Zum Abend hin verteilt sich die große Festgemeinde in kleinere Gruppierungen. Am nächsten Tag gehts weiter. Teils mit, teils ohne Pause. Mich erinnert es an Karneval in Düsseldorf. Nur den Umzug und die Kamelle gibts hier nicht.

100 Tage Schweden 031

Nach dem Trubel zieht es uns noch nicht in die Großstadt. In dem beschaulichen Hafen von Bosön gönnen wir uns eine kurze Ruhephase. Das liegt am Ende einer bewaldeten Bucht der Insel Lidingö. Hier gibt es nur sechs Liegeplätze für Gäste. Ein Platz ist gerade noch frei. Erstaunlich, alle Nachbarboote tragen die deutsche Flagge. Offensichtlich ein Geheimtipp. Schließlich hatten auch wir den Hinweis von Flensburger Freunden.

Später werde ich von einem Schweden angesprochen, ob wir aus Flensburg kommen. Verdutzt schaue ich ihn an. Nein, er hat es nicht am Schiffsrumpf abgelesen. „Flensburger kommen häufig und gern hier her“, erwidert er mir. Einige liegen hier auch mehrere Tage oder gar Wochen und nutzten die gute Anbindung in die City. Zur nächsten Bushaltestelle sind es nur zehn Minuten zu Fuß.

Bei uns ist wieder innere Ruhe eingekehrt, nun sind wir bereit für die Großstadt. Navishamnen, auf der grünen Insel Djurgården gelegen, ist schnell erreicht. Von dort noch zehn Minuten mit der Straßenbahn und wir stehen im Zentrum von Stockholm. Doch schön der Reihe nach. So eilig haben wir es nun auch wieder nicht. Haben eine ganze Woche für diese schöne Stadt eingeplant. Und, wir haben weiß Gott nicht vor, eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abzuhaken. Bei dem kulturellen Überangebot müssen wir eh eine kleine Auswahl treffen.

Stockholm ist eine Fahrradstadt und das kosten wir an den ersten beiden Tage schon so richtig aus. Für wenig Geld holen wir uns im Kulturhaus eine Wochenkarte, mit der wir alle Verkehrsmittel einschließlich der Linienschiffe benutzen können. Freundliche Auskünfte und reichlich Informationsmaterial gibt es gratis obendrauf.

Hier nun – in Stichworten – was uns besonders gut in Erinnerung geblieben ist:

  • Djurgården; der grüne Teil Stockholms mit endlos vielen Rad- und Wanderwegen
  • Gamla Stan; Altstadt mit kleinen verwinkelten Gassen und ganz viel Charme (aber nur, solange keine Kreuzfahrtschiffe da sind)
  • Vasa-Museum; nicht nur drinnen interessant
  • Fjällgatan; atemberaubender Ausblick über Stadt und Hafen
  • Königliches Schloss; mit 600 Zimmern (!) das größte weltweit
  • Tyska kyrkan; deutsche Kirche aus dem 17. Jahrhundert
  • Riddarholmskyrkan; sehr schönes altes Bauwerk (1280)
  • Bootsfahrten; die etwas andere Perspektive
  • Saltsjöbaden; Ausflug in einen exklusiven Badeort
  • Sergels Torg / Drottningsgatan; belebte Shoppingmeile

Gerne überlassen wir den Tagesverlauf auch schon mal dem Zufall. Vor allem, wenn wir mit dem Rad unterwegs sind, bleibt der Blick schon mal ganz spontan an der nächsten Ecke kleben:

  • Norr Mälarstrand; viele bunte Hausboote
  • Södermalm; Kneipen mit Atmosphäre
  • Östermalm; kleine Bäckerei, köstlich, auch selbstgemachtes Knäckebrot
  • Dalagatan 46; hier lebte Astrid Lindgren (heute Museum)
  • Waldemarsudde; herrlicher Park mit alter Villa
  • Strandvägen; prachtvolle teure Villen
  • Beckholmen und Kastellholmen; so war es früher
  • Skeppsholmen; Startvorbereitungen zur Gotland-Runt-Regatta
  • Nautiska Magasinet; alles fürs Seglerherz
  • Diverse Outdoor-Veranstaltungen

Und dann gibt es da noch ein paar Dinge, die wir uns für den nächsten Besuch aufgespart haben:

  • Skansen; älteste Freilichtmuseum der Welt
  • U-Bahn; künstlerisch gestaltete Bahnhöfe
  • Rathausdach; Stadtbesichtigung über den Dächern von Stockholm
  • Östermalms Saluhall; alte Markthalle
  • Kneipen und Cafès, in denen wir nicht waren

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Schweden gefällt uns nicht nur wegen der einmalig schönen Natur und der paradiesischen Segelmöglichkeiten. Nein, die Menschen dort sind es, die das Land so sympathisch machen. Und gerade hier, in Stockholm, wurde es uns immer wieder ins Bewusstsein gerufen. Freundlich und stets hilfs- und auskunftsbereit. Das respektvolle Verhalten unter- bzw. miteinander hat mich außerdem sehr beeindruckt. Der Leitgedanke der Schweden: „Du sollst nicht glauben, dass du besser bist als die anderen“. Der Schwächere hat hier stets Vorrang. Dies spürt man besonders im Straßenverkehr, vor allem, wenn man mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist. Einen Zebrastreifen kann man getrost überqueren, solange das Auto ein schwedisches Kennzeichen hat. Und das Wort „drängeln“ existiert gar nicht im schwedischen Vokabular. Ob die Schweden vor 50 Jahren auch so entspannt waren, als von Links- auf Rechtsverkehr umgestellt wurde?

Während unseres Besuchs kommen wir noch in den Genuss einer Triathlon-Veranstaltung, mitten in der Stadt. Die vielen Absperrungen stört niemand. Die tolle Atmosphäre wird dagegen von vielen Schaulustigen mitgetragen. Schnell ist man im Gespräch mit wildfremden Menschen. Über 80 Prozent der Schweden sprechen englisch. Zunächst aber kommt immer ein saloppes „Hej“ über die Lippen. So, wie bei uns kurz und knapp „Moin“. Die anderen Grußformeln, die wir noch vom Seminar in Malente kennen, sind wohl nicht alltagstauglich: „Hejsan, Tjena, Goddag“ u. ä. ist wohl zu lang... Ein bisschen mehr Zeit sollte man jedoch beim Verabschieden einplanen: „Hej då”. Häufig gibts auch Alltagssituationen, um „Danke“ (tack se mycket) und „Bitte“ (var så god) anzuwenden. Ein Dutzend Höflichkeitsformeln in der Landessprache bieten sich als „Türöffner“ an. Und schon ist der Bann gebrochen.

Bei herrlichem Kaiserwetter kommen wir auch noch in den Genuss einer Hochzeit im Freien und freuen uns mit dem jungen Glück. Wenn es denn mal richtig laut wird, in der ansonsten beschaulichen Großstadt, sind es meist die jauchzenden Gäste des Gröna Lunds Tivoli. Doch da machen wir stets einen großen Bogen rum. Sehr gefreut habe ich mich noch, dass ich im Vasahamnen unsere leere Gasflasche tauschen konnte. Denn das ist in ganz Schweden gar nicht so einfach.

Erstaulicher Weise bleibt diesmal das Großstadtsyndrom bei mir aus. Ich verspüre keinerlei Fluchtgedanken. Außerdem erwarten wir noch Besuch. Und deshalb verlegen wir die CHINTA schon mal für zwei weitere Tage in den Västerbrohamn. Unser erster salzfreier Hafen. So haben wir die Schleusen- und Brückenpassage zum Mälaren schon mal hinter uns und sehen zudem die Stadt aus einer anderen Perspektive.

Von Düsseldorf ist es nur gut eine Stunde Flugzeit nach Stockholm. Und vom internationalen Flughafen in Arlanda fahren ständig Shuttlebusse in die Stadt. Direkt vor unserem Hafen lesen wir Ingrid auf der Parkbank auf und freuen uns auf zwei gemeinsame Wochen. Doch bevor es hinaus auf die Seenplatte geht, scheuche ich den Neuankömmling noch kreuz und quer durch Stockholm. So lernt auch sie, wenn auch nur im Schnelldurchgang, die schönsten Ecken der Stadt und alle Verkehrsmittel kennen. Schweden ohne Stockholm geht nun mal nicht!


Mälaren

Eine Woche Großstadt ist genug? Meist reichen mir schon drei Tage mit den vielen Menschen, dem Lärm, dem Dunst und was da noch so alles dran hängt. Doch in Stockholm erging es mir anders. Hätte gut noch ein, zwei Wochen dranhängen können. Was soll‘s, wollen doch vom Land und den uns noch unbekannten Schären was sehen. Und dann geht es tatsächlich weit ins Landesinnere hinein. Der Mälaren ist der drittgrößte See Schwedens und verfügt somit über ausreichend Bewegungsfreiheit in bester Süßwasserqualität. Bei näherer Betrachtung ist es gar kein See, sondern vielmehr eine große Seenlandschaft mit vielen kleinen und auch größeren Inseln. Viele sind durch Brücken miteinander verbunden. Doch auch die stellen für uns, mit gut 16 Meter Masthöhe, in der Regel kein Hindernis dar. Sofern sie denn beweglich oder aber hoch genug sind.

Die erste Brücke, die Västerhamnbro, haben wir ja bereits vor ein paar Tagen auf dem Weg zum Hafen passiert. Sie ist so hoch, das oberhalb vom Masttop noch einige Meter Platz ist. Die Segel bleiben zunächst noch unten. Gemächlich tuckern wir unserem ersten Tagesziel entgegen. Ingrid wird uns zwei Wochen begleiten. Der Kurs ist grob abgesteckt: Entgegen dem Uhrzeigersinn wollen wir die Seenplatte umrunden und an besonders schönen Stellen einen Halt einlegen.

Nach einer Stunde müssen wir schon das erste Hindernis überwinden. Die Nockebybron, ein gewaltiges Bauwerk. Sie ist die größte Drehbrücke Schwedens. Kurz hinter der Brücke machen wir einen Schlenker in einen kleinen Nebenarm, um Silvias Garten und das dazugehörige königliche Schloss aus der Nähe zu bewundern. 1982 ist sie mit ihrem Mann Carl Gustaf und den Kindern von der Stadt aufs Land, ins Drottningholm gezogen. Meine Damen sind begeistert, ein paar Blicke in das royale „Heiligtum“ erhaschen zu können. Nur widerwillig lassen sie sich zur Decksarbeit überreden. Doch schon bald ist das Groß oben und die Genua ausgerollt. Zur Belohnung gibts Kaffee. Ein leichter Südwest schiebt uns weit in die Bucht bis nach Kungsängen.

Die schwedische Willkommenskultur begegnet uns diesmal in Person von Lars. Im Nachhinein war es wohl auch eine gute Gelegenheit für ihn, seine Malerarbeiten am Vereinsheim zu unterbrechen. Zunächst weist er uns in die Vereinsanlage ein, dann geht er zum Ortsgeschehen über. Nachdem ich 50 Prozent seiner überschwänglichen Darstellung abgezogen habe, komme ich zum Ergebnis: Ziemlich tote Hose hier. Aber genau das möchten wir ja. Das Großstadtleben hatten wir doch gerade erst. Zur Seenplatte erhalten wir wirklich viele gute Tipps von ihm. Musste so ganz nebenbei feststellen, dass ich den Namen des Sees völlig falsch ausspreche. Eine Eselsbrücke hilft, in diesem Fall ist es das Schaf. Also: Zunächst „Määhä...“ und dann den Rest einfach verschlucken. Ist doch ganz einfach: „Määhä-laren“.

Mit guten Ratschlägen im Gepäck ziehen wir weiter. Bei leichtem Westwind lässt es sich gut Segeln. Vorbei an bewaldeten Uferböschungen und saftigen grünen Wiesen zieht es uns in eine der nächsten Buchten hinein. In dem fast leeren Hafen von Hajarö machen wir einen Anlegeversuch. Doch es ist mal wieder zu flach, zumindest im Innenbereich. Eigentlich wollten wir ohnehin gern ankern. Ganz am Ende der Bucht lassen wir das Eisen fallen und bereiten einen gemütlichen Grillabend vor.

Der Salat ist fertig, die Grillkohle glüht und – Petrus stimmt ein Lied an. Ein tiefes Grollen, das klingt nicht gut. Auch die aufziehenden dunklen Wolken sind nicht nach unserem Geschmack. Kaum ist der Anker oben, sind schon die ersten dicken Tropfen unten. Heftige Windböen begleiten uns zum naheliegenden Hafen. Längsseits an die Außenmole, es geht ganz fix. Der Grill köchelt noch. Wie gut, dass der Cobb einen Deckel hat. Und so nutzen wir die kleine Schutzhütte auf der Mole und lassen es uns – mit kleiner Verzögerung – schmecken.

Die Nacht wird unruhig, doch am nächsten Morgen zeigt sich schon wieder die Sonne. Nur das nasse Gras erinnert noch an Petrus Einlage. Gut gestärkt, aber noch etwas müde, hissen wir die Segel. Heute landen wir in Kolarudd. Ja, wir sind noch in Schweden. Wenngleich die Ortsnamen nicht mehr so typisch schwedisch klingen. Umso schöner ist der in die Natur eingebettete Hafen. Von einem traumhaften Sonnenuntergang ganz zu schweigen. Eine Entschädigung für den Tag zuvor. Auf diesem schönen Fleckchen Erde schwinge ich mich aufs Rad und folge dem Flusslauf bis nach Enköping. Das hätte auch mit dem Boot klappen können. Denn in dem idyllischen Örtchen entdecke ich ein paar Boote am langen Steg, im Schatten der Bäume. Ach, Einkaufen wollte ich ja noch. Im Kühlschrank ist Ebbe.

Der Mälaren ist dagegen gut gefüllt – mit Wasser. Es ist sogar relativ warm und sauber obendrein. Bei 19 Grad hält mich nun nichts mehr. Heute wird angebadet. Und Ingrid eifert mir nach. Sundbyholm ist für die Schweden so etwas, wie ein Naherholungsgebiet. Bei den sommerlichen Temperaturen spielt sich das Leben draußen ab. Die langgezogene Badebucht ist gut gefüllt, auf dem penibel sauberen Sandstrand, wie auch im seichten Wasser. Vor der Eisbude eine lange Schlange. Ein gutes Zeichen. Natürlich müssen auch wir die vermeintlich gute Qualität überprüfen. Die Landzunge zwischen Hafen und Strand ist mit diversen kleinen Grillplätzen übersät. Die positive Lebensweise der Schweden wirkt ansteckend. Wir fühlen uns wohl, so mittendrin!

 

Unser Kurs führt uns weiter Richtung Westen. Ein schmaler verwinkelter Fluss zieht die CHINTA magisch an. Versteckt im Schilfgürtel entdecken wir die Flußmündung. Der Wasserpegel sinkt, mein Adrenalinpegel steigt. Bis nach Torshälla sind es noch zwei Meilen flussaufwärts. Dort gehts dann auch nicht mehr weiter. Es sei denn, wir steigen um ins Schlauchboot. Hier liegt die CHINTA mit dem Bug eingebettet in Seerosen. Ein seltsames, zauberhaftes Bild. Der Abstecher hat sich mal wieder gelohnt und die Pulsfrequenz längst normalisiert.

Bei der Dorfbegehung staune ich, wieviel Geschichte hier spürbar wird. Eine kopfsteingepflasterte Gasse, die Lilla Gang, besteht aus lauter alten ochsenblutroten Holzhäusern. Der Bergströmska Garden wurde zum Museum umfunktioniert. Kaffee und selbstgebackenen Kuchen lassen wir uns dort natürlich nicht entgehen. Bis zur Kirche müssen wir eine steile Anhöhe erklimmen und genießen von dort den Rundumblick weit übers Land. Dann schauen wir noch kurz beim Italiener rein, um Platz und Pizza für das EM-Halbfinalspiel am Abend zu reservieren. Danach durften die Deutschen Fußballer abreisen. Das steht bei uns noch lange nicht an, sind doch erst acht Wochen unterwegs.

Der weibliche Teil unserer Crew verspürt ein Shopping-Defizit. Kein Problem, unweit vom Hafen ist eine Haltestelle. Der Bus fährt direkt in die nächstgrößere Stadt Eskilstuna. Für mich gehts in die entgegengesetzte Richtung. Mit dem Rad klappere ich die angrenzende Halbinsel mit dem schönen Badeort Mälarbaden ab. Natürlich habe ich Badehose und Handtuch dabei. Denn der Name verpflichtet und die sommerlichen Temperaturen verlangen nach Abkühlung. 100 Tage Schweden 024

Bis zum westlichen Ende des Mälarensees ist es nicht mehr weit. Zwei Städte wären da noch von Interesse: Köping und Kungsör. Von Kungsör kann man über ein kleines Flüsschen und einen Kanal den viertgrößten See Schwedens erreichen, den Hjälmare. Doch das erscheint selbst mir zu abenteuerlich. Und so heißt es Kurs Ost, immer schön am südlichen Ufer entlang. Die nächsten Stationen sind ein einziger Traum. Schon von weitem erkennen wir die Hochbrücke von Strängnäs. Und gleich dahinter, in der Bucht an Steuerbord, liegt dann auch dieser malerische Ort.

Im Mittelalter war Strängnäs eine der wichtigsten Städte Schwedens, heute ist sie noch eine der schönsten. Bei herrlichstem Sommerwetter genießen wir zunächst das mediterrane Flair am Hafen. Cafès und Restaurants säumen die langgezogene Promenade. Auffallend viele Cabriolets und Motorräder sind hier unterwegs. Dies ordnet man nicht unbedingt dem 60. Breitengrad zu. Es könnte auch Südfrankreich sein.

Aus dem Cockpit heraus beobachten wir das rege Treiben von Freizeitaktivisten auf der gegenüberliegenden Hafenseite. Andere chillen einfach nur am Strand. Unsere ganze Aufmerksa100 Tage Schweden 023mkeit in diesem schönen Ort gilt vor allem der Altstadt, mit den vielen gut erhaltenen Holzhäusern in der typisch schwedischen Bauweise von damals. Die alte Windmühle von 1855, oberhalb des Hafens, ist das Wahrzeichen der Stadt. Von dort genießen wir einen grandiosen Rundblick. Ein weiteres Symbol stellt die gewaltige Kathedrale, im anderen Ortsteil, dar. Dazwischen kleine, verwinkelte Gassen mit winzigen Holzhäusern aus einer früheren Epoche. Hier, in der „Gamla Stan“, wird die Zeit unwillkürlich zurückgespult. Durch einen schmalen Gang erspähe ich ein gemütliches Hofcafè. Widerstand zwecklos. Sitzen dort in guter Gesellschaft, denn die eifrigen Spatzen freuen sich über die übriggelassenen Kuchenkrümel. Völlig angstfrei nähern sie sich vom Tellerrand ihrer Mahlzeit.

Beim überregional bekannten, ganz speziellen Käseladen, a‘ la Tante Emma, drücke ich mir an dem kleinen Schaufenster die Nase platt. Durch die verschlossene Tür reicht es noch nicht einmal für eine Geruchsprobe. Unverrichteter Dinge geht es schließlich, mit Käse vom Discounter, zurück auf den Sund. Apropro Geruch: Einen lang gehegten Wunsch erfülle ich mir und stoße damit bei meiner Damen-Crew auf eine Mischung von Mitleid und Unverständnis. Beim gut sortierten Discounter habe ich nun endlich mal den „Surstömming“ entdeckt. In der Dose ist er noch harmlos, aber dann... Der eingelegte Hering hat vor der Konservierung bereits einen längeren Gärprozess in Salzlage hinter sich und riecht, gelinde gesagt, sehr intensiv. Ja, faulig und stinkend trifft schon eher zu. Ein Vergleich fällt mir nicht ein. Neben dem Göta-Kanal, in der Tat ein weiterer Scheidungsgrund! Ich lass es drauf ankommen...

Bei der Zubereitung und dem zweifelhaften Genuss halte ich einen „Sicherheitsabstand“ zu meinen Damen ein. „Oh, schmeckt gar nicht mal so schlecht!“ Meine Botschaft weckt doch tatsächlich die Neugierde meiner zart besaiteten Crew. „Na ja, probieren möchten wir schon mal“. In einer Hand die Gabel, in der anderen ‘ne Wäscheklammer für die Nase. Und los gehts. Den Rest der Dose habe ich dann aber doch für mich. Als Zwischenlager dient die Backskiste. Beim Crewwechsel gehört dieser Härtetest ab sofort zur Einstiegzeremonie. Ich nenne es „Äquatortaufe auf Schwedisch...“.100 Tage Schweden 022

Eine weitere schwedische Spezialität ist die „Prinzesstårta“, benannt nach der Königstochter. Sie ist harmlos, also die Tårta. Äußerliches Erkennungszeichen: Gift-grüne Marzipanhaut. Geschmacksnote: Sehr süß, eben wie die Prinsessin. Nach dieser kulinarischen Einlage kümmern wir uns nun wieder verstärkt um unsere Route. Mit einem Zwischenstopp in Stollarholmen und der versteckten Ankerbucht von Herrestaviken, ein Geheimtipp von unserem persönlichen Guide Lars, kommen wir an der größten Sehenswürdigkeit des Mälaren nicht vorbei. Mit Blick vom Cockpit auf das Schloss Gripsholm haben wir in dem Künstlerort Mariefred einen Top-Liegeplatz. 

Das gleichnamige alte Dampfschiff steuert kurz nach uns seinen Heimathafen an. Auf der Schmalspur, an der Pier, wartet schon die dampfbetriebene Museumseisenbahn. Mit ihr geht es ganz beschaulich direkt in die City und bei Bedarf auch weiter über Land. Das alte Bahnhofsgebäude der „Östra Sörmlands Järnväg“, ganz aus Holz, erinnert mich an alte Wildwestfilme. Leise und ganz in Gedanken versunken summe ich „Spiel mir das Lied vom Tod“. Es wird wohl niemand hören.

Einen besonderen Bezug zu Mariefred hatte der Schriftsteller Kurt Tucholsky. In Anerkennung seiner Werke besuchen wir seine Grabstätte.

Mehr über sein Lebenswerk erfahren wir im Schloss. Für eine Besichtigung des bizarren Backsteingebäudes sollte man genügend Zeit einplanen. Sie ist sehr lohnenswert. Erbaut wurde es im 16. Jahrhundert, im Auftrag des damaligen schwedischen König Gustav Vasa. Im ganzen Ort verstreut gibt es außerdem diverse Ausstellungen mit grafischer Kunst. Zwischen Kunst und Geschichte entspannen wir unter den schattenspendenden Bäumen am alten Marktplatz und genießen am Abend den schönen Ausblick vom Cockpit.

Schweren Herzens hissen wir schließlich wieder die Segel, um bei moderatem Südwest den Acht-Meilen-Rückweg aus der tiefen Bucht zu bewältigen. Und dann nehmen wir Kurs auf die berüchtigten Wikinger, die auch ihre Spuren in unserer Heimat hinterlassen haben. In Haithabu, an der Schlei, hatten sie im 9. Jahrhundert ihr Basislager. Die Insel Björkö war damals einer der Rückzugsorte der gefürchteten Krieger. Für eine Nacht schlüpfen wir – zumindest gedanklich – in deren altnordische Kriegsgewänder.

Für die weitere Fortbewegung ziehen wir dann aber doch lieber unsere neuzeitliche CHINTA vor. Bis nach Rastaholmen ist es nur ein Katzensprung. Dass wir auch diesen reizvollen Hafen noch kennenlernen, haben wir ein weiteres Mal unserem Guide Lars zu verdanken. Ein freundlicher, hochaufgeschlossener Hafenmeister weist uns einen geeigneten Platz zu, da er an diesem Tag noch eine ganze Flottille erwartet. Die kleine naturbelassene Insel ist durch einen Steg mit dem Festland verbunden. Natürlich erobern wir sie sofort und entdecken dabei einen Grillplatz vom Feinsten. Nur für uns. Bis spät abends genießen wir Fleischspieße und Maiskolben und – das klingt jetzt sehr kitschig, den Vollmond, der sich zum großen Überfluss an der glatten Wasseroberfläche spiegelt. Als Zugabe wählen wir den mit Lampions ausgeleuchteten Rundweg der kleinen Insel. Das sind die kleinen Erlebnisse, die noch lange nachwirken.

Keinen Tag, auf dieser einzigartigen, wunderschönen Seenplatte Schwedens, wollte ich missen. Die letzten zwei Wochen vergingen wie im Fluge. Nun heißt es Kurs nehmen auf den Södertälje-Kanal. Schwupps, durch die Schleuse und schon haben wir wieder Salzwasser unterm Rumpf. In Södertälje ist Endstation für Ingrid. Von hier nutzt sie die direkte Busanbindung zum Flughafen nach Arlanda. Fünf Stunden später steht unsere Tochter Inga am Bahnsteig. Die Koje auf der CHINTA ist noch warm und auch der „Surstömming“ wartet schon auf sie.


Blaues Band

Es soll Leute geben, die wählen die Route durch den Göta-Kanal nur als Abkürzung von der östlichen, also der zentralen Ostsee, zur westlichen und umgekehrt. Nur um Zeit zu gewinnen. Und genau davon sollte man reichlich mitbringen – nämlich Zeit. Aus genau diesem Grund befahren wir ihn erst jetzt das erste Mal. Denn ein normaler Urlaub reicht mit Hin- und Rückweg nun mal nicht aus. Wie sagte mir doch ein Segler reiferen Alters erst vor einigen Tagen in den Ostschären: „Die Deutschen, die hier segeln, sind entweder Rentner oder Lehrer“.

So haben wir für das „Blaue Band“, wie die Schweden ihre Touristattraktion Nummer 1 liebevoll nennen, mindestens vier Wochen vorgesehen. Ein paar Tage zuvor nehmen wir die Buchung per Internet vor. Das ist sehr einfach und komfortabel, ein Rabatt von fünf Prozent springt außerdem dabei heraus. Bei einer Gebühr von 7.200 Kronen, ein kleiner Lichtblick. Viele sind zunächst erstaunt über den hohen Preis. Doch bei genauer Betrachtung der vielen Dienstleistungen relativiert es sich. Denn, zwischen Mem und Göteborg werden 64 Mal die Schleusentore für uns geöffnet und unzählige Brücken gedreht, geklappt, gerollt, geschwungen oder was auch immer. Egal, ob wir alleine kommen oder im Pulk sind. Mit der Servicekarte haben wir Zugang zu 21 gut ausgestatteten Gasthäfen, einige Kultureinrichtungen sind außerdem im Preis enthalten. Also, bei 30 Tagen Aufenthalt sind es rund 25,- Euro am Tag. Schwamm drüber.

Doch noch liegen wir in Södertälje, knapp 100 Meilen vom Kanal entfernt.

Und es ist hier durchaus sehr reizvoll. Unser neues Crewmitglied Inga akklimatisiert sich noch und auch wir vertreten uns hier gern die Beine.

Die meisten Touristen Schwedens kommen übrigens aus Deutschland.

In und um Södertälje ist der Anteil an ausländischen Mitbürgern besonders hoch. Jeder Siebente ist aus Finnland übergesiedelt. Auch viele Asylsuchende finden schon seit Jahren in diesem fortschrittlichen Land Zuflucht.

Unsere Route führt durch den Södertälje-Kanal, weiter Richtung Süden. Inga freut sich, vor der großen Kanal- und Schleusenpassage, noch einen Teil der Ostschären kennenzulernen. Ein Abstecher in das Bilderbuchstädtchen Trosa bietet sich da geradezu an. Diese Idee hatten offensichtlich nicht nur wir. Die letzten Meilen, bis tief in die Bucht hinein, sind wir in guter Gesellschaft. Erst kurz vor der Flussmündung bergen wir die Segel. Es ist ausreichend Platz an beiden Seiten des Flusses, bis in den Ortskern hinein und auch im vorgelagerten Hafen. Dem Flussverlauf folgen wir später noch zu Fuß bis weit aus dem malerischen Städtchen hinaus. Der Ort ist stark vom Tourismus geprägt. Doch an den vielen alten, gut erhaltenen Holzhäusern erkennt man, dass hier früher Fischer und Handwerker ihr Auskommen hatten.

Auch der nächste Tag bietet uns gute Segelbedingungen für die 40-Meilen-Passage nach Arkösund. Enges, flaches Fahrwasser wechselt sich ab mit offenen Streckenabschnitten. Unsere Crew ist nun gut aufeinander abgestimmt. So wechselt häufiger der Steuermann, die Steuerfrau. Doch ein Auge ist stets auf dem Tiefenmesser. Kurz vorm Einlaufen in unseren heutigen Zielhafen schallt es laut übers Wasser: “Heee – CHINTA“. Ungläubig drehen wir drei den Kopf nach Backbord. Gibts doch gar nicht, ist das nicht die HAPPY HOUR aus Flensburg, mit Honk am Steuerrad?! Im Vorbeifahren tauschen wir uns aus: Woher, wohin? Die letzten Worte werden vom Wind verschluckt.

Im Hafen, noch vor dem Festmachen, dann ein ähnlicher Empfang: „Moin Moin“, klingt es zu uns herüber. Zwei Clubkameraden aus dem Verein sind hier einen Tag zuvor eingelaufen. Am Abend klönen wir noch ausgiebig über die Erlebnisse der letzten Wochen und was demnächst noch so ansteht. Vielleicht trifft man sich nochmal.

Nun trennen uns nur noch 25 Meilen vom berühmt berüchtigten Kanal.

Lange genug haben wir uns darüber Gedanken gemacht. Auch an guten Ratschlägen sollte es nicht fehlen. Sogar von Scheidung war die Rede. Wollen wir da wirklich hin? Die eine oder andere Schleuse haben wir ja bereits kennengelernt. Aber nun, gleich so viele auf einmal. Und wenn du erstmal im Kanal bist, gibts nur noch eine Richtung. Zunächst bergauf und dann wieder runter. Oh, mein Gott, bekomme ich nun etwa weiche Knie?

Wir müssen quasi nur dem Küstenverlauf folgen. Die letzten zehn Meilen führen durch einen Fjord mit einigen Engpässen. Und plötzlich sind wir da, in Mem. Ein neues Abenteuer kann beginnen. Fünf oder sechs Boote haben vor dem kleinen Bootshaus bereits festgemacht. Ganz vorne finden wir noch einen freien Platz. Auffallend große Gelassenheit und Heiterkeit bei den anderen Crews.

Bei der gut gelaunten Studentin, im Schleusenwärterhäuschen, checken wir ein. Sie benötigt lediglich unsere Buchungsnummer und fragt im selben Atemzug, ob es unser erstes Mal sei. „Oh, sieht man mir das an?“ erwidere ich mit gefühlter leichter Röte im Gesicht. Ganz professionell führt sie uns in die Tagesabläufe der nächsten Wochen ein und übergibt uns ganz nebenbei zwei Servicekarten und ein paar informative Unterlagen zum Kanal. Wann wir denn schleusen wollen, ist ihre nächste Frage. „Ach, da sind ja noch ein paar Boote vor uns dran“, bemerke ich lakonisch. „Ne

e, nee, die wollen erst später los und einige bleiben hier noch über Nacht“. Upps – also, dann… Ja, genau – es kann losgehen. 

Und schon öffnet sich das Schleusentor. Da habe ich mir ja völlig unnötig Gedanken gemacht, dass ich ja nicht gleich vorne liegen muss. Dort, wo das Wasser einströmt. Bei der ersten Schleuse gibt die kecke Studentin stets Hilfeleistung, danach sollte man es möglichst selbst durchführen, klärt sie uns auf. Erstaunt stellen wir fest, dass Theorie und Praxis, wie sonst so oft im Leben, nicht voneinander abweiche100 Tage Schweden 020n. Alles läuft wie am Schnürchen. Stolz wie Oskar starte ich den Motor, als sich drei Meter über dem Meeresspiegel das vordere Schleusentor öffnet. Jetzt nur noch di100 Tage Schweden 021e Leinen einholen und Inga zurück an Bord. Noch kurz eine Geste des Dankes und dann tuckern wir mit fünf Knoten in die gewünschte Richtung.

Eine halbe Stunde später stehen wir schon vor der nächsten Schleuse. Wie von Geisterhand gesteuert, öffnet sich vor uns das Schleusentor. Mit Vor- und Achterleine bewaffnet springt Inga kurz vor der Schleuse wie eine Gazelle von Bord. Als hätte sie nie etwas anderes gemacht, erledigt sie ganz professionell an Land ihren Job: Den Palstek der Achterleine um bzw. unter den letzten Ring und den der Vorleine, etwa eine halbe Schiffslänge vor dem Bug, um den Eisenring legen. Fertig. Die Vorleine führt durch einen Block an der vorderen Klampe ganz nach hinten auf die Winsch. Die Achterleine zeigt idealer Weise senkrecht nach oben und wird auf der hinteren Klampe belegt. Beim Fluten der Schleuse muss lediglich die Vorleine über die Winsch nachgeholt werden. Der Abstand zur Schleusenwand lässt sich so ganz gut kontrollieren. Zudem sind beide Seiten mit jeweils fünf Fendern gut geschützt.  

Söderköping ist auch schon bald erreicht. Dort wartet die dritte Schleuse am heutigen Tag auf uns. Oben, an beiden Seiten der Schleuse, stehen jede Menge Touris herum, die knipsen, filmen und schlaue Sprüche von sich geben. Warum denke ich gerade jetzt an die Affen im Zoo? Bei den Bedingungen bin ich heilfroh, dass auch diesmal alles gut verläuft. Direkt hinter der Schleuse finden wir ein schönes Plätzchen für die Nacht. Im ganzen Ort pulsiert das Leben. Mitte Juli ist halt Hochsaison in Schweden. Bei dem Kaiserwetter spielt sich alles draußen ab. Vorm Eiscafè hat sich eine endlos lange Schlange gebildet. Unseren ersten erfolgreichen Schleusentag belohnen wir mit einem guten Essen.

Als Frühsport lockt ein langer Aufstieg zum hoch hinaufragenden Ramunderberget, direkt am Kanal. Die Räder stehen einsatzbereit an Deck, mit einem Zeiser am Mast befestigt. Im Kanalmodus bleiben die Räder dort und die Fender stets außenbords, auch während der Fahrt. Sie wirken wie eine aufgeblasene Scheuerleiste. Außerdem liegen noch zwei Reifen eines Rollers einsatzbereit an Deck. Sie schützen den Rumpf unterhalb der Wasserlinie bei Vorsprüngen oder ähnlichen Hindernissen. Außerdem ist ein Heckanker als Notbremse schnell zur Hand. Gelegentlich vergessen wir die Badeleiter während der Fahrt einzuziehen. Denn sie ist quasi im Dauereinsatz.

Der nächste Tag ist weniger entspannend. Bis nach Norsholm, am Roxensee, sind zwölf Schleusen und diverse Brücken zu bewältigen. Ein arbeitsreicher Tag. Nun wird nicht mehr nach Meilen abgerechnet, sondern nach Höhenmetern: 33,3 Meter haben wir am Ende des Tages geschafft. Die Luft wird also dünner. Ansonsten keine besonderen Vorkommnisse. Waren meist mit drei weiteren Booten in der Schleuse. Sind nun gut eingespielt und fühlen uns wie die Profis. Doch jetzt nur nicht gleichgültig werden. Baden, Essen, Walken – so kann es weitergehen.

Vor etwa 60 Jahren wurde der Göta touristisch erschlossen. Häufig winken uns Wanderer und Radfahrer von dem angrenzenden Uferweg zu. Manchmal fahren auch wir schon mal mit dem Rad ein Stück voraus oder schauen uns die letzte Schleuse noch mal an oder wählen einen schönen Rundweg durch blühende Landschaften und verträumte Dörfer.

Im Gegensatz zum Kanal kann man auf den Seen segeln, wenn denn genügend Wind da ist. Rasmus zeigt sich gnädig und schickt uns eine leichte Brise aus Nord. Es reicht für den Vortrieb und sorgt außerdem, zumindest scheinbar, für etwas Abkühlung bei 30 Grad Lufttemperatur. Und zwischendurch nehmen wir immer mal wieder ein wohltuendes Bad. Vier Stunden später befinden wir uns im Schilfgürtel vor Linköping. Durch die flache Stångå tasten wir uns bis zu einem kleinen, versteckten Hafen vor. Die Tiefenanzeige auf der Uhr: 0,0 Meter unterm Kiel. Mein Puls reagiert dennoch normal, denn der Grund besteht aus Schlick. Hier wachsen die Seerosen besonders gut.

Inga schwingt sich aufs Rad, um die Gegebenheiten im drei Kilometer entfernten Ort zu erkunden. Denn, weiterer Besuch ist angekündigt: Ihre Schwestern Christiane und Britta sitzen schon seit einigen Stunden im Zug. Zu unserem Erstaunen gibt es keinerlei Verkehrsanbindungen zu unserem idyllischen Hafen im Schilfgürtel. Die Å führt zwar weiter in die Stadt, doch das Flussbett ist für unseren Tiefgang ungeeignet. Bevor sich die Mücken bei uns gemütlich einrichten, flüchten wir aus dem Naturparadies und sind eine Stunde später in Berg. Inga erledigt die kurze Passage mit dem Rad. Auch unsere Neuankömmlinge haben kein Problem mit einer direkten Anbindung vom Bahnhof.

Nun ist die Happy-Crazy-Family vollzählig. Das hatten wir lange nicht mehr, auf der CHINTA. Zur Begrüßung gibt es Köttbulla mit Kartoffelpü und Preiselbeeren. Willkommen im IKEA-Land. Und ein Skål auf unsere nunmehr fünfköpfige Crew. Die gute Stärkung ist von weiterer Bedeutung, denn am nächsten Tag wartet die Carl-Johan-Schleuse auf einen tatkräftigen Einsatz. Sie hat gleich sieben Stufen, mit jeweils knapp drei Meter Höhenunterschied und ist somit die größte Attraktion des Göta-Kanals. Welch ein Einstieg für unsere Neuen!

Mit einer kleinen Grundlage und einem heißen Kaffee im Magen gehts dann auch schon los. Unmittelbar am Fuße der Schleuse haben wir übernachtet und legen uns nun, am gegenüberliegenden Steg, in Warteposition. Schon bald darauf sind wir in der ersten Schleusenstufe, mit drei weiteren Booten, vertäut. So, wie wir es immer machen. „Never change the running system...“. Angelika und Inga weisen unsere Azubis vorbildlich ein. „Und immer schön die Schwimmweste tragen“, sind schließlich die letzten warnenden Worte. Leichte Ironie schwingt nach. Und dann folgt „Learning by Doing“, sieben Mal in Folge.

100 Tage Schweden 019Bei der stehenden Hitze, in der Schleuse, komme ich mächtig ins Schwitzen. So wechselt die Winschkurbel schon mal in andere Hände. Ein fantastischer Ausblick über die Schleusenstufen, hinunter auf den Roxen-See, ist der Lohn für unsere Mühe. Die Schleusenpassage benötigt etwa die Dauer eines Fußballspiels, manchmal mit Verlängerung. Nach diesem außergewöhnlichen Erlebnis genehmigen wir uns im oberen Hafenbecken ein zweites ausgiebiges Frühstück.

Der Name Berg macht diesem Ort alle Ehre. Denn gleich im Anschluss dürfen wir noch zwei weitere Male „Fahrstuhlfahren“. Diesmal sind es Doppelschleusen. Und weil es so schön war, folgen hinter der nächsten Biegung noch mal zwei im Doppelpack. Und danach noch jede Menge Brücken. Nur selten müssen wir warten. Klappt gut mit der Fernsteuerung. Parallel zum Motala-Ström ist es besonders hübsch am Kanal. Überhaupt wird es hier nie langweilig. Unterwegs gibt es auch schon mal einen Schnack mit Wegbegleitern. Denn, immer wieder treffen wir dieselben Boote. Mal sind sie einige Schleusen voraus, mal kommen sie einen Tag später oder schleusen mit uns gemeinsam. Also, man kennt sich auf dem Kanal. Nur kein falsches Wort. Hier trifft man sich nicht nur zweimal… 100 Tage Schweden 018

In Borensberg sind nicht genügend Liegeplätze für alle Neuankömmlinge. Eine Studentin bittet uns und drei weitere Boote freundlichst, am Steg vor der Schleuse festzumachen. Kein Problem. So übernachten wir unmittelbar vor dem legendären „Göta-Hotell“, das ein beliebtes Fotomotiv darstellt. Leider verwehren sie uns den Catering Service, sodass wir bei dem anhaltend schönen Wetter auf unseren Grill angewiesen sind.

Eine weitere Besonderheit gibt es zu bestaunen: Die Schleuse wird hier noch von Hand betrieben. Deshalb sind hier ständig zwei Studenten im Einsatz, die, wie vor 150 Jahren, an dem mit langen Holzstangen betriebenen Zahnrad gemächlich im Kreis gehen und somit die Tore öffnen bzw. schließen. Doch häufig werden sie von den Crews unterstützt. Denn uns macht es Spaß, für die beiden „Sklaven“ ist es dagegen, über den ganzen Tag, schon sehr schweißtreibend. Es gibt noch eine weitere manuell betriebene Schleuse dieser Art am Göta-Kanal, alle anderen werden per Knopfdruck bedient.

Mit elektronischer Technik, aber eben auch manuellem Einsatz haben wir nunmehr eine Höhe von 73 Meter erreicht. Soviel fehlt also gar nicht mehr. Die Überquerung des Boren-Sees wird für uns zum Badeerlebnis. Kaum sind die Badeleiter und die lange Schwimmleine mit Rundfender ausgebracht, fliegen die nackten Ärsche über Bord. Bei mäßigem Wind aus wechselten Richtungen kommt die große Genua nur gelegentlich zum Einsatz. Kurz vor der nächsten Schleuse, in der Bucht von Borenshult, legen wir einen letzten Badestopp ein.

Doch dann beobachte ich, dass die nächste Schleusung unmittelbar bevorsteht. Und schon sind die Mädels an Bord und die Leinen samt Badeleiter klariert. Ohne weitere Wartezeit können wir direkt in die Schleuse einfahren. Zuvor stimme ich mich noch kurz mit dem Skipper des Nachbarbootes ab, ob er, wie gewohnt, wieder die Steuerbordseite bevorzugt. Ok, also wie gehabt. Doch erstmals wird uns nun vom Schleusenpersonal ein Platz zugewiesen. Da wir stets an beiden Seiten Leinen und Fender vorbereitet haben, ist es nicht weiter schlimm. Nur mein Landpersonal muss noch schnell von Backbord nach Steuerbord wechseln und dort samt Leinen von Bord. Der andere Skipper ist ähnlich verwirrt wie ich.

Außerdem spüre ich, dass wir noch gedanklich im Bademodus sind. Das Sonnenverdeck habe ich wegen der stehenden Hitze in den Schleusen absichtlich draufgelassen. Doch das nervt schon beim Festmachen, die Sicht ist mir zu stark eingeschränkt. Schneller als sonst schließen die Tore und schon strömt das Wasser ein. Es ist erheblich mehr Druck auf der Vorleine als sonst. Bin verunsichert, werde nervös. Mache mir Gedanken um den Karabinerhaken am vorderen Block. Wenn der jetzt bricht oder aufbiegt… Doch mit steigendem Pegel lässt der Druck nach. Ich wische mir die Schweißperlen von der Stirn.

Mit fünf Kammern ist dies die zweitgrößte Schleuse auf dem Göta. Bevor wir in die nächste Kammer einfahren, nehme ich die blöde Sonnenpersenning weg, prüfe Block und Karabiner und nehme auch noch bei mir eine Feinjustierung vor. Bin nun im Schleusenmodus! Die nächsten vier Stufen verlaufen etwas ruhiger, wenngleich die Strömung deutlich höher ist als bisher, in den anderen Schleusen. Die Logge zeigt beachtliche 6,5 Knoten an, hatte gefühlt mit noch mehr gerechnet. Oben angekommen, verabschiede ich mich artig vom Schleusenwart und wünsche mir im Geheimen eine nette Studentin mit mehr Einfühlungsvermögen.

Bis Motala haben wir noch fünf Brücken und eine Schleuse vor uns. Eine gute Stunde später machen wir dort fest. Vom Liegeplatz haben wir einen fantastischen Blick auf den zweitgrößten See Schwedens, den Vättern. Zur Abwechslung vertreten wir die Beine in einer etwas größeren Stadt.

Marktplatz, Altstadt, Automuseum und vor allem das Platen-Haus ziehen uns magisch an. Nach dem Erbauer Elzar von Platen wurde das Göta-Museum benannt, in dem Entstehung und Entwicklung des größten kulturhistorischen Bauwerks Schwedens nachvollzogen werden kann.

1800 wurde zunächst der Tollhättan-Kanal eröffnet. Zehn Jahre später folgte dann der erste Spatenstich beim Göta-Kanal, nach der Idee von König Gustav Vasa. Der Bau wurde fast ausschließlich in Handarbeit ausgeführt, was für die Gesamtstrecke von 190 km viel Schweiß und Zeit in Anspruch nahm. 1832 wurde er schließlich feierlich eingeweiht. Der Erbauer Platen erlebte dies Großereignis jedoch nicht mehr, er starb drei Jahre zuvor. An vielen Schleusenwänden wurde das Jahr der Erbauung liebevoll eingemeißelt.

Eine schöne Promenade und idyllische Wanderwege entlang der Küste runden unseren Landgang in Motala ab. Auch das seit Wochen anhaltend gute Wetter trägt zur guten Laune unserer Family-Crew bei. Wir hissen die Segel und freuen uns auf den See. Quer übern Vättern sind es knapp 20 Meilen bis Karlsborg, wo der Göta sich weiter durch Wiesen und Wälder windet. Doch es gibt drei Gründe, nicht den kürzesten Weg zu wählen. 1. haben wir Zeit im Gebäck. 2. wollen wir mal wieder ein paar Tage ausgiebig segeln, 3. suchen unsere Girls noch einen Bahnhof. Und der liegt ganz im Süden des Sees.

Den kleinen Umweg von 80 Meilen nehmen wir gern auf uns. Zunächst steuern wir Varstena an. Ein absolutes Muss. Zuvor aber drei Stunden Segeln vom Feinsten. Den Schlossgraben fahren wir ziemlich weit durch und haben Glück, dort einen Liegeplatz zu finden. Der Hafen ist traumhaft, das kleine romantische Städtchen genial. Überall buntes Treiben. Ein Ort zum Verlieben. Varstena kommt auf unsere persönliche Top-10-Liste.

Nach der anhaltenden Wärme der letzten Wochen ist es heute auffallend schwül. Von den Tücken des Vättern-Sees haben wir gehört, wir zollen ihm Respekt. Den Himmel stets im Fokus, segeln wir bei gutem WSW, entlang der Küste, weiter Richtung Süden. Und dann geht es ganz schnell: Der Himmel verdunkelt sich. Segel runter und rein ins Ölzeug. Und schon gehts los. Ein längst überfälliger kräftiger Regenschauer geht über uns nieder. Der Wind bläst kräftig, die Sicht ist nun schlecht, das Wasser kabbelig.

Nach 20 Minuten ist der Spuk vorbei. Die ersten Sonnenstrahlen dringen durch, der Wind weht nun wieder beständiger. Groß und Fock kommen erneut zum Einsatz. Doch eine kurze steile Welle ist geblieben. Irgendwie erscheint sie ungeordnet, wie ein schlecht gepflügtes Feld. Und so segelt es sich nun auch. Bevor wir die Insel Visingsö ansteuern, legen wir einen zweistündigen Zwischenstopp in Hästholmen ein. Erstaunlicher Weise bleiben bei der Überfahrt weitere Überraschungen aus. Bis auf die Anzeige des Tiefenmessers: Stolze 123 Meter, die tiefste Stelle des Vättern, unweit der Insel Visingsö.

Im Gegensatz zur Insel ist der Hafen dort recht unattraktiv und obendrein sehr flach. Doch für eine Nacht behelfen wir uns an der Arbeitspier. Früh morgens weckt uns lautstark die erste Fähre. Von der schönen Insel sehen wir nicht viel. Gegen Mittag haben wir den südlichsten Punkt des Sees erreicht, wir sind in Jönköping. Auch hier, irgendwie abnorme Hafenverhältnisse. Wir entscheiden uns gegen die hässliche Betonmole der Kommune, zugunsten der wenigen, meist sehr flachen Liegeplätze des benachbarten Vereins. Immerhin gibts dort Strom. Später erfahren wir, dass der Platz eigentlich nicht für Gäste sei, wir aber gern ein oder zwei Nächte bleiben dürfen. Der freundliche Schwede überlässt uns sogar einen Schlüssel für Dusche und WC. Mal wieder ein Pluspunkt für die schwedische Willkommenskultur.

In den folgenden zwei Tagen lernen wir eine sympathische Stadt kennen, die von der Größe her mit Flensburg vergleichbar ist. Ein kurzer Kanal verbindet zwei Seen miteinander. Entlang der Uferpromenade gibts jede Menge Aktivitäten, Cafès und Restaurants. Auch die quirlige Innenstadt sprüht viel Lebensqualität aus. Eine Besonderheit der Stadt ist das Streichholzmuseum. Ja, so etwas gibt es wirklich. Hier in Jönköping wurden die Zündhölzer nämlich erfunden. Viele Maschinen der Gründerjahre sowie die Weiterentwicklung ins nächste Jahrhundert sind in dem Originalfabrikgebäude von 1848 zu bestaunen. Überhaupt gab es hier und in der Nachbarstadt Husqvarna großen Erfindergeist.

Zurück zur Realität: Taschentücher raus und ab zum Bahnhof. Christiane wird ihren Urlaub mit Freunden in Frankreich fortsetzen. Wenige Stunden später verabschieden wir Inga und Britta am Bahnsteig, mit dem Ziel Flensburg. Meine Frau bleibt mir treu, trotz „Scheidungskanal“! Na, mal schauen, die Hälfte steht ja noch aus. Auf dem Weg nach Karlsborg lernen wir noch zwei idyllische Häfen kennen, in denen, bis auf eine Ausnahme, nur die schwedische Flagge von den Booten weht. In Swedamshamn und Hjo genießen wir erneut sehr gastfreundschaftliche Gesten der erstaunten Schweden. Denn nur selten taucht in dieser Abgeschiedenheit mal ein Boot aus Deutschland auf.

Der Vättern verabschiedet uns mit einem bösen Gewittergrollen. Schnell die Segel runter und den Motor an. Doch wir waren darauf vorbereitet, das Barometer war in nur kurzer Zeit stark gefallen. So sind wir froh, als die große Festung Karlsborg in Sichtweite kommt. Zur erneuten Eingewöhnung an den Göta, schlüpfen wir bei der nächsten Brückenöffnung mit durch und freuen uns, kurz darauf in einem gut geschützten Hafen zu liegen. Das Gewitter hat sich verzogen, die geschichtsträchtige Festungsanlage gehört zu unserem Landprogramm.

Durch den kleinen Botten-See nähern wir uns Forsvik mit der größten und zugleich ältesten Schleuse des Kanals, sie wurde 1813 als erste erbaut. Nach einem letzten Hub, von 3,50 Meter, sind wir ganz oben am Kanal angekommen. Jetzt nur noch die große, eiserne Klappbrücke und die engste Passage des Götas und dann schwimmen wir schon bald auf dem Viken. Mit 92 Meter über dem Meeresspiegel ist er Schwedens höchster See. Ein Bergsteiger würde, am Gipfel angekommen, nun die Nationale in den Boden rammen.

Das hier beheimatete Dampfschiff, die NORDEVALL II, aus dem Jahre 1832, kreuzt unsere Route. Wir erwidern die freundlichen Grüße der zahlenden Gäste. Unter großer Genua peilen wir in Rauschefahrt die nördlichste Fahrwassertonne an. Auf neuem Kurs bläst uns ein steifer Südwest genau auf die Nase. Schließlich sind wir froh, den kabbeligen See in Tåtorp verlassen zu können. Hohe Tannen säumen hier den Kanal und bieten uns guten Schutz. Es ist, als hätte jemand den Wind abgestellt. Der graue Himmel und die hohen Bäume lassen nur wenig Licht zu uns durchdringen. Eine leicht beklemmende, mystische Atmosphäre umschleicht uns beim Erreichen der handbetriebenen Schleuse in Tåtorp.

Ohne elektronische Unterstützung schließen zwei sportliche Studenten hinter uns die dicken Schleusentore. Ab jetzt geht es nur noch abwärts. Das ist wesentlich entspannter, als aufwärts zu schleusen. Denn das Wasser der Schleusenkammer fliest nun ab, es strömt nicht mehr in großen Mengen hinein. Vor- und Achterleine liegen auf Slip, mit abnehmendem Wasserstand werden sie mitgefiert.

In Vassbacken wirkt schon alles wieder erheblich freundlicher. Der beschauliche kombinierte Hafen und Campingplatz ist gut gefüllt und entsprechend belebt. Hier wird gegrillt, geschnackt, gebadet oder einfach nur gechillt. Uns steht der Sinn nach einer Radtour, diesmal abseits vom Kanal. Bei einbrechender Dunkelheit hapert es ein wenig mit unserem Orientierungssinn. Doch plötzlich taucht er wieder vor uns auf – der Kanal.

Es folgt ein langer Tag mit vielen Brücken und ein paar Schleusen. Erstmals müssen wir auch längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Reichlich Seitenwind erschwert zudem die Schleusenmanöver. In Norrkwarn sind nur wenige Liegeplätze vorhanden. Bei alten „Bekannten“ gehen wir längsseits. Das aufmerksame Servicepersonal bitte uns jedoch, einen anderen Platz einzunehmen, da es sonst für die DIANA am nächsten Morgen zu eng wird. Ein Novum für uns und unsere CHINTA: Wir verholen und machen für die Nacht an einem großen hölzernen Piraten-Spiel-Boot fest. Eifrige Seemannskinder sind nun unsere Nachbarn.

100 Tage Schweden 016Überhaupt ist hier alles sehr kinderfreundlich und familiengerecht hergerichtet. Eine Miniatur-Anlage des Göta-Kanals mit vielen Brücken, Schleusen, Kirchen und anderen imposanten Gebäuden wird von den Kindern dankend als Spielplatz angenommen. Um die nächste Ecke stehen märchenhafte Baumhäuser, die von Feriengästen bewohnt sind. Astrid Lindgren scheint bei der Architektur beteiligt gewesen zu sein. Nur zwei Meter von unserem Frühstücktisch gleitet am nächsten Morgen die voll besetzte DIANA aus Göteborg an uns vorbei. Ganz behutsam bewegt sie sich in die Schleuse hinein. Es ist Millimeter-Arbeit. Ihr Rumpf ist mit langen Hölzern geschützt.

Bei der nächsten Brückenöffnung, vor unserem Hafen, schlüpfen wir mit durch. Im Vierer-Konvoi passieren wir gemächlich, mit fünf Knoten Reisegeschwindigkeit, diverse nummerierte Markierungssteine. Diese sogenannten Ellensteine tauchen alle 1.000 Ellen (594 Meter) auf. Bei unserem Tempo also alle vier Minuten. So nähern wir uns der Endstation des Götas. Ja, wir staunen selbst, dass schon so viel hinter uns liegt. Doch an diesem Tag müssen wir noch einige Schleusen und Brücken passieren.

Die Brückenbaukunst der Schweden ist phänomenal und sehr vielfältig. Was wir schon alles gesehen haben: Dreh-, Klapp-, Schwing-, Roll-, und natürlich auch feste Brücken. Die Durchfahrtshöhe variiert von knapp einem bis 46 Meter. Hier auf dem Göta werden sie meist fernbedient. Wie von Geisterhand gesteuert, öffnen sie sich häufig schon, wenn sich ein Konvoi nähert. In Töreboda ist dagegen die Zeit stehen geblieben. Dort quert eine kleine handbetriebene Seilzugfähre zur Personenbeförderung unseren Weg. Mit dem Rad haben wir sie bereits in Anspruch genommen.

Kurz vor Sjötorp noch eine Doppelschleuse, mit fast fünf Meter Hub, und eine Klappbrücke und dann machen wir im oberen Gästehafen fest. Hier sind 75 Liegeplätze auf drei Etagen verteilt. Mal was anderes. Viele Boote, die uns in Etappen begleitet haben, treffen wir hier, am Ende des Götas, wieder. Sie können sich wohl noch nicht trennen und verweilen hier noch ein paar Tage. Auch mit der GHOST, aus Stralsund, hatten wir häufig Kontakt. Sie sollte eigentlich schon weiter sein, doch ein Getriebeschaden hält sie hier ein paar Tage fest. Die Werksferien in Schweden erschweren Ersatzteilbeschaffung und Reparatur. Toi-toi-toi, bei uns lief bislang alles rund.

Noch zweimal „Fahrstuhlfahren“ und dann spukt uns die vorerst letzte Schleuse aus. Wir sind im Vänern, dem größten See Schwedens. Er ist elfmal so groß wie der Bodensee. Das gegenüberliegende Ufer kann man nicht sehen, man kann es allenfalls erahnen. Ich wollte es zunächst nicht glauben: Über 20.000 Schären hat die Eiszeit allein in diesem See hinterlassen. Kein Problem, sich hier mehrere Wochen aufzuhalten. Natur pur, hoher Erholungswert und bei dem Fischreichtum muss hier niemand hungern. Über 40 Fischarten haben sich in dem sauberen Süßwasser angesiedelt.

Schweren Herzens ignorieren wir den Norden und segeln Kurs Süd. Die Torsöbrücke bereitet uns mit einer lichten Höhe von 18 Metern keine Probleme. Wenig später erkennen wir auch schon die Silhouette des schönen Städtchen Mariestad. Der hohe rote Dom ragt bis in den Himmel und hält den Kontakt nach oben. Zum wiederholten Mal erleben wir erneut eine sehr gepflegte Altstadt. In der Gamla Stan und der Kyrkogatan scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.

Nein, nach Lidköping wollen wir nicht. Es würde zwar wunderbar in die Kategorie der vielen Ortsnamen passen, die mit „-köping“ enden, doch diese Bucht lassen wir aus. Tatsächlich stolpert man an den Ortsschildern im Süden Schwedens häufig auf diese Endung. Und davor steht dann noch so etwas wie Ny-, Norr-, Söder-, Malm-, En-, Lin-, Jön-, Lid- oder auch gar nichts. Einfach nur Köping; gesprochen „Schöbbing“, wie Kötbullar, also „Schöttbulla“. Da die schwedische Sprache relativ einfach und logisch gestrickt ist, kann man die Bedeutung oft ableiten. Kaufen heißt auf schwedisch „köpa“. Und Köping bedeutet so viel wie Markt. Also, kann man ganz getrost ins „kleine“ Lid-köping oder nach En-köping zum „Ein-kaufen“ fahren.

Doch wir sind noch gut versorgt und machen uns auf den Weg zum Schloss nach Läckö. Zunächst zehn Meilen mit vielen Flachs und dann noch 15 Meilen über freies Gewässer des berüchtigten Vänern. Der steife Südwest ist dabei weniger hilfreich. Die Wasseroberfläche ist ruppig. Für die nächsten Tage ist Sturm und Regen angesagt. Haben früh abgelegt und erreichen gegen Mittag ohne größere Blessuren das Schloss. Aufgrund der Sturmwarnung legen wir uns längsseits an den Steg, mit der Nase in den Wind. Der sehr flache Hafen bereitet uns dabei jedoch mehr Mühe als uns recht ist.

So oder so werden wir hier zwei, drei Tage bleiben, denn wir erwarten mal wieder Besuch. Stephan und Sandy sind mit dem Wohnwagen in Schweden unterwegs. Gleich um die Ecke haben wir einen Campingplatz für sie erspäht. Schon am Nachmittag frischt der Wind ordentlich auf und Petrus öffnet seine Schleusen. In der geschützten Kuchenbude empfangen wir unseren Besuch. Es gibt viel zu erzählen und Gutes zu essen. Skål auf das Wiedersehen.100 Tage Schweden 015

Die lange Geschichte des Schlosses verinnerlichen wir noch, die dicken Mauern, von außen, ebenfalls. Nach einer Besichtigung steht uns jedoch nicht der Kopf. Der Trichter scheint voll zu sein. Das Bedürfnis an Kultur ist nach den vielen Eindrücken der letzten drei Monate offensichtlich gedeckt. Dann lernen wir den Schlossgeist eben nicht kennen. Basta! Aber die fünf Kilometer durch Wald und Wiesen, ins benachbarte Fischerörtchen Spiken, die scheuen wir nicht. Der frische Wind macht den Kopf wieder frei und sorgt für guten Schlaf.

Als Sturm und Besuch sich verzogen haben, brechen auch wir auf. Zunächst durchqueren wir den Ekens Schärgarten. Die gute Betonnung, in den flachen Windungen, ist dabei sehr hilfreich. Nach gut einer Stunde erreichen wir offenes Gewässer. Groß und Fock hoch und der Motor verstummt. Unser Ziel: Sunnanå, im Dalsland, an der Westseite des Vänern, knapp 20 Meilen voraus. Doch wo bleibt der Wind? Sollte er sich in den letzten Tagen zu sehr verausgabt haben? Im Umkreis sind mehrere Boote auf unserem Kurs, auch die GHOST und die SCHNUPPI III erkennen wir durchs Glas. Einige Unentwegte unter Segel, andere motoren und eine dritte Gruppe wechselt häufiger zwischen beiden Möglichkeiten. Bei anhaltenden zwei Knoten Reisegeschwindigkeit könnte es ein langer, zäher Tag werden. Nun dreht der Wind auch noch, dann ist er mal ganz weg und dann wieder da. Ungeduld macht sich bei mir breit.

Und dann, wie aus dem Nichts, zeigt der berüchtigte Vänern, was er drauf hat. Wind kommt auf, für einen kurzen Moment freue ich mich noch. Doch dann, rasch zunehmend, dreht er genau auf West, uns auf die Nase. Der Himmel verdunkelt sich. Reff ins Groß, Ölzeug an, Positionslampen an und AIS aktiviert. Es wurde höchste Zeit. Sechs Windstärken fegen uns um die Ohren, in Böen mehr. Schnell hat sich eine unangenehme kurze Welle aufgebaut. Starkregen prasselt auf uns hernieder. Die Sichtweite liegt bei nahezu Null. Alle Boote um uns herum sind im Bermudadreieck verschwunden.

Kursänderung auf Süd, wir machen 9 Knoten Fahrt. Welch ein Wahnsinn. Stehe angespannt hinterm Steuerrad. An Plotter und Brille rinnt der Regen herunter. Tropfen bleiben hängen. Dennoch gelingt es mir, die Untiefentonne „Hjortgrundet“ im Plotter als Wegmarkierung zu setzen. Zur Sicherheit checkt mein 1. Offizier die Route auf dem iPad, vom trockenen Kartentisch aus. Die Kommunikation beschränkt sich auf kurze Fragen und Hinweise. Nach Erreichen der Untiefentonne macht sich Erleichterung breit. Die Sicht ist nun wieder besser. Die Bermuda-Boote sind wieder aufgetaucht, sogar die GHOST erkenne ich achteraus. Frachtschiffe ziehen mit beruhigtem Abstand an uns vorbei. Unter dem Schutz der Küste peilen wir nun die Flußmündung der Dalbergså an. Mit Motorkraft folgen wir dem Flußverlauf, etwa 700 Meter bis zum geschützten Hafen.

Kaum zu glauben: Kein bisschen Wind, hier im Flussbett, zwischen Bäumen und Wiesen. Sogar die Sonne zeigt sich mit einem Lächeln. Es riecht nach Kaffee, das Ölzeug kann trocknen. Aber erstmal einen kräftigen Sherry vorweg. Ich nehme meinen tapferen 1. Offizier ganz fest in die Arme. Wir atmen tief durch. So ist es also auf dem Vänern – jedenfalls manchmal. Respekt! Dieser „Nothafen“ mit Bullerbü-Romantik gefällt uns, wir bleiben einen weiteren Tag. Folgendes Schild auf dem angrenzenden Campingplatz lässt auf den Humor der Menschen, hier am Rande des Vänern, schließen: „ Varning! Læsgående pensionärer. Får ej matas“ (Warnung vor freilaufenden Rentnern! Bitte nicht füttern).

Die 25 Meilen bis Vänersborg gestalten sich als versöhnliche Abschiedsvorstellung des Vänern. Bei mäßigem achterlichen Wind müssen wir nur den Küstenverlauf folgen und ein Auge auf die Berufsschifffahrt werfen. Mit dem anderen Auge erblicken wir aus der Entfernung das hoch ansteigende Naturparadies Kinnekulle, in dem auch Rentiere frei umherlaufen.

Die Dalbobron in Vänersborg zeigt die, durch Wasserstand variierende, aktuelle Durchfahrtshöhe an. Wir bekommen grünes Licht und passieren bei 17,60 Meter ohne Brückenöffnung. Vor der Eisenbahnklappbrücke warten wir noch ein Weilchen und dann sehen wir an Backbord auch schon den Hafen für unseren nächsten Zwischenstopp.

Vis à vis zu unserem Liegeplatz erkenne ich Prominenz. Die HIPPOPOTAMUS, mit dem Weltumsegler Sönke Roever, hat sich hierher verirrt. Und dann traue ich ein weiteres Mal meinen Augen nicht: Blauer Stern auf weißem Grund! Nein nicht an unserem Mast. Drei Boote weiter, dort liegt die AKKA. Komisch, kenn‘ ich nicht. Das klärende Gespräch lässt nicht lange auf sich warten. Ein Klubkamerad der Seglervereinigung hat sich in Schweden ein schönes H-Boot 35 gekauft und überführt es nun in die Heimat. So einfach ist es. Wir plauschen noch ein Weilchen.

Und dann geht es auf den, für Frachtschiffe ausgelegten, Trollhättan-Kanal. Unser Restprogramm besteht aus 6 Schleusen- und 12 Brückenpassagen. Die erste Schleuse, die Brinkebergskulles Slusse (klingt das nicht toll…), zeigt uns, mit welchen Dimensionen wir es nun zu tun haben. In die Schleusenkammer passen ein Frachtschiff oder aber um die 30 Sportboote. Der Hub beträgt hier knapp fünf Meter. Wasserzulauf und -ablauf werden über den Boden geregelt, nicht über die seitlichen Tore. Also ein turbulenzfreies, sehr entspanntes Schleusen. Einige halten ihr Boot lediglich mittels Bootshaken in Position. Wir legen, ganz konventionell, die Vorleine auf Slip um einen meist schlecht erreichbaren Poller in der Schleusenwand. Achtern benutze ich einen Schleusenhaken als Armverlängerung für die Leiter an der Schleusenwand.

Diese Schleuse war gut zum Üben, denn in Trollhättan erwartet uns ein Abstieg von 32 Meter in vier Etappen. Der Hub beträgt bis zu 12 Meter (!) je Schleusenkammer, das überragt unseren Dachfirst daheim bei weitem. Dennoch oder gerade deshalb habe ich mich auf Trollhättan besonders gefreut. Hier kann man die Baukunst der Schleusen aus drei Epochen bewundern. Und außerdem, was dort in der Eiszeit geschaffen wurde, hat Vattenfall sich längst zu Nutze gemacht. Aus Wasser wird Strom.

Nach einer kurzen Wartezeit vor der Eisenbahnbrücke, erreichen wir schon bald den Akers Sjö, mit schönen Liegeplätzen, direkt vor der gewaltigen Schleusenanlage. Doch spontan nutze ich das offene Schleusentor und suche uns zwei Haltepunkte an der Backbordseite des 90 Meter langen Beckens. Ein weiteres Boot folgt uns. Dann wird noch kurz der „Fahrschein“ gecheckt und schon gehts los. Völlig geräuschlos und ohne jegliche Turbulenzen senkt sich der Wasserspiegel rasant. Wir merken es kaum; staunen nur über die immer höher werdenden Schleusenwände, die durch die beiderseitigen, hoch hinauf ragenden Felswände, gigantisch wirken. Wie gut, dass wir uns das vorher gar nicht erst angesehen haben. Mein 1. Offizier hätte dann vermutlich den Fußweg gewählt…

100 Tage Schweden 014In der nächsten Schleusenkammer fühlen wir uns schon wie die Profis. Müssen ja auch nicht viel tun. Lediglich Position halten und wichtig gucken. Denn auch hier ist mal wieder eine Touri-Hochburg. Ständig wird gefilmt und fotografiert. Wir selbst vergessen dies allzu häufig. Nach einer Stunde ist es vollbracht. Am Fuße der alten Schleuse, von 1800, schlagen wir unser Nachtlager auf. Unmittelbar neben uns grasen Ringelgänse. Sind es etwa die von Hallig Oland? Ein Einlaufbier haben wir uns nun wirklich verdient, können aber auch danach die Gänse nicht besser identifizieren.

Schon der erste Fußmarsch ist dermaßen beeindruckend. Alles um uns herum ist so gewaltig. Wir fühlen uns so klein, einschließlich Boot. Eine eigenartige Atmosphäre beschleicht mich, als würde man mich um 10.000 Jahre in die Eiszeit zurück beamen. Abends ist es etwas unheimlich hier, so ganz allein, in der dunklen Nacht. Weitere Boote sind nicht gekommen. Die Gänse schlafen friedlich, wir machen es ihnen nach.

Die Kunst des Schleusenbaus kann man hier bis zum Jahr 1800 zurückverfolgen. Die Frachtschiffe, die über den Trollhättan-Kanal zwischen Vänern und Kattegat pendeln, wurden immer größer. 1844 wurde daher, parallel zur alten Schleuse, ein neuer breiterer Weg durch das unwegsame Gestein geschlagen. Unglaublich, ein paar Jahrzehnte später das gleiche „Spiel“ nochmal. Die heutige Schleusenanlage ist aus dem Jahre 1916 und wurde dann ständig modernisiert. Alle drei Passagen kann man heute noch bewundern.

Bewundernswert ist ebenfalls der ursprüngliche, natürliche Wasserlauf, der längst als Energiequelle genutzt wird. Bei der Firma Vattenfall kommen wir in den Genuss einer Besichtigung des Wasserkraftwerkes mit seinen 12 riesigen Turbinen. Oben von der Brücke bestaunen wir eine weitere Attraktion: Zu bestimmten Zeiten öffnen die Ingenieure die Wehre des angestauten Wassers, das dann ungebändigt in die Tiefe strömt. Trotz schweißtreibendem Aufstieg lasse ich mir die Aussichtplattform, ganz oben auf dem Kopparklinten, nicht entgehen. Der Lohn: ein atemberaubender Blick.

Bis Lilla Edet folgen wir dem Verlauf der Göta Älv. Um es kurz zu machen: Wer dort nicht hält, hat nichts verpasst. Einziger Aufreger des Tages bzw. des Abends ist die Schleusung eines großen Frachters in der Dunkelheit. Zwischen Rumpf und Schleusenwände passen nur wenige Zeitungen. Ob die nächste Schleusenerweiterung wohl bevor steht?

Am nächsten Morgen kommt ein weiterer großer Frachter. Und dann sind wir dran. Unsere letzte Schleuse! Können es kaum glauben. Haben uns doch gerade so gut daran gewöhnt. Mal sehen wie es ohne geht. 6,40 Meter abwärts und dann sind wir auf Ostseeniveau. Doch bis zum Kattegat ist es noch ein ganzes Stück und ein paar Brücken sind auch noch im Weg. Für die 20 Meilen bis nach Kungälv benötigen wir knapp sieben Stunden. Fast ein ganzer Arbeitstag. Doch die Arbeit besteht hauptsächlich aus Warten, vor den Brücken. Auch Bauarbeiten führen schon mal zu Verzögerungen. Sind wohl noch etwas verwöhnt, denn auf dem Göta hatten wir meist Vorrang.

Unser letzter Halt im Kanal bietet noch mal etwas Besonderes: Eine kleine Insel mit einem kurzen Steg, einer großen Burgruine und den dazugehörigen Schafen. Zuviel Natur? Kein Problem! Am anderen Ende der Brücke tobt das Leben. Entlang dem Östra-und dem Vestragatan bewundern wir die vielen liebevoll gepflegten alten Häuser samt Vorgärten. In der endlos langen Ladenzeile laufen wir uns die Füße platt. Ein leicht süßlicher Duft weht uns um die Nase. Zwei Straßenzüge weiter dann des Rätsels Lösung: „Göteborgs Kexfabriken“, der größte Arbeitgeber der Region.

Unser kleines naturbelassenes Paradies wartet auf uns, mit Festung und Schafen. Das Kanalabschiedsessen genießen wir in unserem Cockpit mit Blick in den angrenzenden Schilfgürtel. Weit hinten, am Horizont, grüßt die zweitgrößte Stadt Schwedens, Göteborg, mit rauchenden Schornsteinen. Der Kanal dorthin wird immer breiter, das Ufer ist mit Industrieanlagen bebaut. Straßen- und Schienenverkehr verdichten sich. Es ist laut geworden. Wie gut wir es doch im Göta und in den Schären hatten. 100 Tage Schweden 013

Nach zwei Stunden haben wir auch die letzten vier Brücken passiert. Der Dunst der Großstadt bläst uns ins Gesicht. Zwei Jahre zuvor waren wir bereits hier auf Stipvisite, daher zieht es uns nun direkt in die Westschären. Auch ist es ein erhabenes Gefühl, bei herrlichem Nordwest die Segel zu hissen. Die zauberhafte Insel Vrangö zieht uns schließlich magisch an. Tief atme ich die salzhaltige Luft des Kattegats ein. Das war es also, was mir fehlte…

 

 

 

 


Heimweh?

Vrangö ist ein Traum. Und dennoch ziehen wir weiter. Macht sich etwa Heimweh breit? Oder ist es unsere zuverlässige und treue CHINTA, die nun den Kurs bestimmt. Ein Pferd weiß ja schließlich auch, aus welchem Stall es kommt. Wie auch immer. Noch sind wir in Schweden. Nach einem herrlichen Segeltag machen wir 40 Meilen weiter südlich, in Varberg, fest.

Zur Abwechslung liegen wir nach langer Zeit mal wieder in einer ganz normalen Box. Also, Vorleinen durch die Ringe am Steg und die Achterleinen um die vorhandenen Heckpfähle geschlungen. Folgende Alternativen fanden wir in den vergangenen Monaten vor:

- Längsseits am Steg, im Päckchen oder wo auch immer

- Bug am Steg, Heck- oder Mittelklampe an seitlichem Y-Steg

- Bug am Steg, achtern Mooringtonne (mit ein oder zwei Leinen)

- Bug am Steg, achtern Heckanker (oder umgekehrt)

- Bug am Fels, Baum oder sonst wo, achtern Anker

- Frei an Mooringtonne

- Frei Ankern

Im aktuellen „Gästehamn Guiden“ ist neben den Serviceeinrichtungen und der Hafengröße auch die Art des Festmachens (Förtöjning) aufgeführt.

Für Varberg haben wir nochmal zwei Tage Genießermodus programmiert. Hafen und Stadt bieten dafür alle Voraussetzungen. Den Kühlschrank füllen wir noch mal auf, bevor es hinaus aufs Kattegat geht. Nur ungern lassen wir hier die supernette Hafenmeisterin zurück. Noch bevor die erste Fähre ablegt, gehen wir raus. Groß und Gennaker sollen für nötigen Vortrieb sorgen. Aber Pustekuchen, dem schönen Nordnordost geht schon bald die Puste aus. Nun haben wir schon die freie See vor uns und müssen auf unseren Jockel zurückgreifen.

100 Tage Schweden 012Erst kurz vor Anholt erhellt sich meine Laune, als ich dieses einmalig klare, türkisfarbene Wasser sehe. Bei der Badequalität gibts kein zurück mehr. Jetzt nur noch aufmerksam die weit vorgelagerte Untiefe überqueren und dann mal schauen, was auf Anholt los ist. Einige Boote liegen bereits längsseits. Ein Zeichen, dass die Hauptsaison, in dem meist prall gefüllten Hafen, vorbei ist. Selten habe ich Anholt so ganz ohne Wind erlebt. Der Fußmarsch über die Insel treibt mir den Schweiß auf die Stirn. Danach natürlich noch mal rein ins kühle Nass. Auf Anholt trifft man immer Bekannte. So auch diesmal.

Vorbei am großen Windpark, führt unser Kurs zunächst nach Greenå. Nicht nur die Windräder drehen sich, auch wir freuen uns über den frischen Ostwind. Die nächsten Tage können wir ebenfalls auf beständigen Wind zurückgreifen. Die Route Richtung Heimat führt über Maarup auf Samsö, Bogense, Middelfart und Assens auf Fünen.

Der letzte Halt schließlich, bei Erik in Sonderborg, in vertrauter Atmosphäre. Dann eine vertraute Stimme am Telefon. Bei unserem Hafenmeister, daheim, erkundige ich mich nach einem freien Liegeplatz für die verbleibende Nachsaison. Ein Segelevent der Klassikerboote sorgt in Sonderborgs Stadthafen für Volksfeststimmung. Beste Stimmung auch bei uns. Gute Freunde überraschen uns mit Blumenkränzen zum Empfang.

Auf der letzten Etappe nach Flensburg ärgert uns dann noch mal der Wind. Das heißt, der ist gar nicht erst gekommen. Es bleibt bei zwei kurzen Intervallen unter Segel. Bei der ehrwürdigen alten Dame, der „Schwiegermutter“, stoßen wir auf unseren gelungenen Segeltörn 2016 an. Trotz Göta-Kanal deutet nichts auf Scheidung hin! Auf der Innenförde ist bei dem schönen Wetter mal wieder viel Betrieb – auch ohne Wind. Zur Begrüßung können sich die Flensburger Farben am Fahnenmast, bei der Flaute, nicht recht entfalten. Wo sie doch so schön sind, Blau und Gelb – wie in Schweden.

Neben den Farben fehlte uns auch sonst nichts, die ganze Zeit - ganz im Gegenteil. Man braucht so wenig – und hat doch so viel! Dennoch freuen wir uns nun wieder auf unser zuhause. Dort, wo unsere Wurzeln sind. Der Einstieg in das normale Landleben erfordert nach der Rückkehr dann wieder eine längere Eingewöhnung:

Was ist denn das für ein Urwald rund ums Haus?

Wohin mit den überschüssigen Quadratmetern?

Wieso schaukelt das Bett?

Was soll der schwarze Kasten in der Stube?

Wir werden es noch herausfinden.

Man, ist es laut hier!

       

     Segeln mit Herz......

                100 Tage Schweden 011  100 Tage Schweden 010       100 Tage Schweden 009                                                                                                                                                                                             .... Danke!

 

 

 

Auf einen Blick

Boot:              Bavaria 33, Baujahr 2006

                     Schärentauglich; mit Bugspriet und Heckanker

Skipper:          Fidi

1. Offizier:      Angelika

Crew (zeitw.): Carsten, Klaus, Ingrid, Inga, Britta, Christiane

Zeit:             13.5.2016 – 27.8.2016

Dauer:           108 Tage

Strecke:        2.170 Seemeilen (FdW)

Auf „See“:     an 84 Tagen;

    370 Stunden, davon 202 Stunden motort (55%)

„See“-Wetter: 74 Tage mit Sonne

                    14 Tage mit Regen

                      4 Tage mit Starkwind (über 22 Knoten)

                    13 Tage mit Schwachwind (unter 5 Knoten)

Brücken:        80

Schleusen:     66

Häfen u. ä.:   88

Literatur:       Törnführer Schweden, Gerti und Harm Clausen

                   Törnführer Vänersee, s. o.

                   Ankerbuchten Ostschären, Dr. Wido und Beate Parczyk

                   Gästhamns Guiden 2016

                   Stockholm, Marco Polo-Verlag

                   Schweden der Süden, Dumont-Verlag

                   Bootsferien in Skandinavien, Pietsch-Verlag

Nautik:          Papier-Seekarten für alle Reviere einschl. Göta-Kanal

                   Elektronische Seekarte für Plotter, Garmin - Blue Card

                   Elektronische Seekarte für iPad, s. o.

Internet/App: Windfinder, klart.se, DMI, DWD

    Göta-Kanal-App u. a.

Versorgung:   Lebensmittel in allen Orten;

    nicht auf kleinen naturbelassenen Schären

                   Diesel in vielen Häfen

                   Camping-Gas nur ganz selten (Kälte-Problem);

                   in Nynäshamn, Marieholm, Stockholm, Göteborg

EntsEntsorgung:    Absaugvorrichtung in vielen Häfen

       und einigen Ankerbuchten (!)

100 Tage Schweden 008100 Tage Schweden 007100 Tage Schweden 005 

                                                                                                                      ... Danke!

Die schönsten Häfen – Unsere persönliche Top-10

  • Figeholm
  • Malma Kvarn
  • Arholma
  • Kastellholm
  • Strängnäs
  • Mariefred
  • Trosa
  • Söderköping
  • Varstena
  • Trollhättan
  • Vrangö

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