Sternstunde
Der beliebte Hafen von Kloster ist stets stark frequentiert, doch auch diesmal finden wir noch einen Platz für unsere CHINTA. Und – tatsächlich – guckt hier noch am späten Nachmittag ganz verstohlen die Sonne für ein paar Stunden um die Ecke, bevor sie über dem Dornbusch untergeht. Starker Westwind weht uns bei den Radtouren und Wanderungen auf Deutschlands sonnenreichster Insel um die Ohren. Der Weg durch den kleinen Ort Grieben, hinauf zum Dornbusch und durch die urigen Waldwege, hoch über der Küste, zurück nach Kloster, ist immer noch am schönsten.
Am Ende des Mühlenbergs entdecken wir Hedi’s Oe, ein älteres, unscheinbares Backsteinhaus mit gemütlichen Sitzecken in einem verwunschenen Garten. Selbstgebackene Kuchen und Fischleckereien sind dort sehr gefragt. Ohne Anmeldung bleibt uns nur das Nachsehen und der herrliche Duft des Kaffees. Im Nachbarort Vitte sind Das Rote Haus und Seemannshuus empfehlenswerte Adressen zum Einkehren.
S o erleben wir bei unseren Meck-Pomm-Visiten auf Hiddensee immer wieder aufs Neue unsere ganz persönliche Sternstunde. Diese einzigartige Insel ist halt ein Muss in diesem schönen Segelrevier. Und nicht nur wegen des hoch hinaufragenden Dornbuschs, mit einem fantastischen Rundum-Ausblick, ist es ein Höhepunkt der Reise.
Mein elektronischer Terminkalender erinnert mich an das Endspiel der Fußball-EM. Heute um 15 Uhr ist Anstoß. Nicht, dass ich es im gechillten Urlaubsmodus vergesse. Aber was war denn mit den Gruppenspielen, dem Viertel- und dem Halbfinale? Es muss irgendwie an mir vorbei gegangen sein – oder an uns allen?
Da war doch was... Die A-H-A-Regel (Abstand, Hygiene und Alltagsmasken) macht auch vor Fußballern nicht halt. Und die vielen Zuschauer in den Stadien? Alle Massenveranstaltungen wurden bis auf weiteres abgesagt. Die EM wird nachgeholt – oder nicht?
Der Wind hat etwas abgenommen, bläst aber zunächst noch hartnäckig aus West. Die nächste Etappe zur dänischen Insel Møn scheint machbar. Noch im Hafenbecken setzen wir die Segel, vorsorglich mit einem Reff im Groß. Bis zur Kardinaltonne „TJN“, die Abkürzung steht für Toter Junge Nord, gilt unser Augenmerk den vielen Untiefen. Nur ein paar Meilen weiter ist hier drei Tage zuvor ein dänisches Segelboot mit Motorschaden gestrandet. Der Skipper musste mit schweren Kopfverletzungen per Hubschrauber abgeborgen werden. Das Wrack liegt noch da, welch trauriger Anblick.
Vor uns die offene Ostsee mit ausreichend Tiefe und einer Restwelle der vergangenen stürmischen Tage. Klintholm, auf Kurs 310 Grad, fest im Visier. Die hoch aufragende Steilküste Hiddensees ist noch lange sichtbar, die hellen Kreidefelsen Møns zeichnen sich schon vor Erreichen der Kadetrinne schemenhaft ab. Nach anstrengender achtstündiger Fahrt laufen wir im überfüllten Hafen von Klintholm ein. Doch im Fischereibecken findet sich immer noch ein Platz für die Nacht.