20 Jahre nach der Wende
Vor 20 Jahren sah es in den neuen deutschen Bundesländern vielerorts so aus, wie heute in Polen. Was sich in der Zeit alles getan hat, erleben wir im weiteren Verlauf unseres Törns. So auch in dem kleinen schmucken Städtchen Ueckermünde, dass sich für das bevorstehende 750. Jubiläum besonders herausgeputzt hat. Hier gefällt es uns auf Anhieb. Sanft eingebettet in die Ueckermünder Heide, mit reichlich Waldbestand, bieten sich dem Erholungssuchenden vielfältige Möglichkeiten. Hektik findet wo anders statt. Das alte Schloss gefällt uns ebenso wie die zahlreichen kleinen Backsteinhäuser. Überall in der Stadt, wie auch im Hafenbereich, sind umfangreiche Renovierungsarbeiten unübersehbar. Alles ist topp in Schuss. Es verleitet uns zum Bleiben, doch unser Zigeunerleben treibt uns weiter. Wir fahren die Uecker zurück und stoßen bei der künstlich angelegten „Lagunenstadt“ mit Vorzeigestrand wieder ins Haff.
Auch Mönkebude soll sehr hübsch sein, doch alles kann man nicht haben. Unser Programm ist schon sehr bunt und facettenreich. So nehmen wir endgültig Abschied vom Haff. Der flache, gut betonnte Peenestrom führt uns gen Norden. Wir halten uns strikt an die Betonnung und haben dennoch einige Male nur wenige Zentimeter Wasser unterm Kiel. Mit den Brückenöffnungszeiten sollte man sich rechtzeitig vertraut machen, zumal wir Flensburger mit Egernsund und Sonderborg sehr verwöhnt sind. Die erste Klappbrücke in Zecherin erreichen wir nach knapp drei Stunden Fahrtzeit. Schon 20 Minuten später können wir sie passieren, gut getimet. Der Wind bläst moderat aus südwestlicher Richtung. So genießen wir im Pulk mit einigen weiteren Booten die Ruhe und die schöne Natur. Vorbei am Achterwasser und der Krumminer Wiek verjüngt sich das Fahrwasser wieder und endet vorerst in Wolgast. Die nächste Brückenöffnung ist in 2 ½ Stunden. Zeit genug in diesem schönen Örtchen festzumachen und die Backkunst der hiesigen Bäcker zu prüfen. Doch damit nicht genug, bei meinen Mädels ist offensichtlich so etwas wie Shoppingfieber ausgebrochen. Welch heimtückische Krankheit! Unter diesen Bedingungen ist irgendwann jedes Boot zu klein. Ich bevorzuge bei diesem herrlichem Sommerwetter den Outdoorbereich und stelle anschließend beim Passieren der Brücke fest: Die Durchfahrt ist zwar kostenlos, aber die Wartezeit kann richtig teuer werden. Entlang dem Peenestrom liegen viele Häfen, die zum Übernachten einladen. Vor der Einfahrt nach Karlshagen, im Norden der Insel Usedom, sind wir noch etwas unschlüssig, doch die nächste Marina in Kröslin ist dann unsere.
Der nächste Tag beschert uns wieder offenes Gewässer. Durch den Greifswalder Bodden geht es zur Südspitze Rügens. In Gager Port machen wir fest und sind erneut von der Schönheit und Vielfalt dieser Insel begeistert. Nicht nur beim Königsstuhl geht’s hoch her (160 Meter), hier am Mönchgut ragen der Kleine und der Große Zicker in den Himmel. Einen besonders schönen Ausblick mit fantastischem Sonnenuntergang erleben wir auf dem Bakenberg.
Gerne hätten wir noch einen Abstecher zur Insel Vilm, dem ehemaligen Urlaubsdomizil von Honecker und seinem Gefolge, gemacht. Doch Vilm darf, wie auch die Greifswalder Oie, nur im Notfall von Sportbooten angelaufen werden. So zieht es uns direkt nach Stralsund. Begleitet werden wir, sehr zu unserem Leidwesen, von Tausenden von Schwebefliegen. Leider ist diese Tiergattung sehr, sehr anhänglich. Erst ein kräftiges Gewitter mit starkem Regenschauer verjagt diese aufdringlichen Biester. Gerade noch rechtzeitig hatten wir die Segel vor dem plötzlichen Wetterumschwung geborgen. Zwanzig Minuten später ist der Spuk aber schon wieder vorbei. Der Wind hat auf Nordwest gedreht und so motoren wir die restlichen Meilen bis zur Klappbrücke im Strelasund. Die Wartezeit beträgt diesmal eine Stunde – ohne Einkaufsmöglichkeiten. Dann beginnt ein Run auf die wenigen Restplätze im City-Hafen, wie ich es noch nicht erlebt habe. Aus der Poolposition heraus gelingt es uns dann auch irgendwie Landverbindung herzustellen.